Karl Alfred von Zittel: Handbuch der Palaeontologie. 1. Abtheilung, Paleozoologie. IV. Band: Vertebrata (Mammalia) (München und Leipzig, 1891-1893)

5. Classe. Mammalia. Säugethiere - Gebiss

48 Vertebrata. auch bei Fleischfressern am stärksten entwickelt. Sie nehmen zu­weilen drei- oder mehrkantige oder dolchförmige Form an, erhalten an der Basis der Krone nicht selten eine wulstige Verdickung (Basalwulst, Cingulum) , aus welcher kleine Nebenspitzen hervorsprossen können und sind zuweilen am vorderen oder hinteren Rand fein gezähnelt. In einigen Fällen entwickeln sie sich zu geraden oder gekrümmten, und mehr oder weniger weit vorragenden Stoss- und Hauzähnen mit offener Wurzel und persistenter Pulpa (Walross, Nilpferd, Schweine). Bei den Wiederkäuern atrophiren in der Regel die oberen C, die unteren rücken dicht an die J heran und nehmen die meisselartige Form eines Schneidezahnes an. Eine gänzliche Verkümmerung der Eckzähne kommt bei vielen Pflanzenfressern (Proboscidier , Nager, Rhinoceriden, Beutelthieren, Allotheria, Sirenen) vor. Den Schneidezähnen liegt in der Regel die Funktion ob, die Nahrung zu ergreifen und zu zerschneiden. Im ersteren Fall behalten sie conische Form und gleichen den Eckzähnen, im zweiten plattet sich die Zahnkrone in der Richtung von vorne nach hinten ab, erhält einen schneidenden Rand und wird meissel- oder schaufeiförmig. Sie sind stets einwurzelig. Fallen den Schneidezähnen besondere Ver­richtungen zu , so modificirt sich demgemäss ihre Form. So werden die zum Nagen benützten Incisiven der Rodentia, Tillodontia, Allotheria und der diprotodonten Beutelthiere gross, gekrümmt, an der Krone zu­geschärft, meist sehr lang und sind häufig nur auf der Vorderseite mit Schmelz bedeckt. Die starken, conischen oberen Schneidezähne der Sirenen werden zum Herausreissen von Wasserpflanzen benützt; die gewaltigen, mit persistenter Pulpa versehenen, entweder schmelz­losen oder nur mit einem Schmelzband bedeckten Stosszähne der Pro­boscidier und des Narwal dienen als Waffe oder zur Beseitigung von Hindernissen ; die geraden, langen, nach vorne gerichteten unteren J der Schweine zum Graben und die dünnen, zugespitzten oder breiten kammförmig eingeschnittenen unteren J der Lemuren zur Glättung und Reinigung des Felles. Mit der Grössenzunahme und besonderen Differenzirung einzelner Schneidezähne verbindet sich in der Regel die Verminderung ihrer Zahl; gänzlichen Mangel an Schneidezähnen findet man bei den meisten Edentaten; bei den Wiederkäuern, Dinoceraten und Chalicotheriden gehen die oberen, bei vielen Proboscidiern die unteren J durch Schwund verloren. Bei weitem die mannigfaltigsten Verrichtungen fallen den Back­zähnen zu und demgemäss weisen dieselben auch die grössten Differenzirangen auf. Im Allgemeinen haben die ursprünglich wahr­scheinlich nur zum Festhalten und Zerreissen tauglichen und darum

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