Karl Alfred von Zittel: Handbuch der Palaeontologie. 1. Abtheilung, Paleozoologie. II. Band: Mollusca und Arthropoda (München und Leipzig, 1885)

V. Stamm. Mollusca, Weichthiere - B. Mollusca (s. str.) - 1. Classe. Lamellibranchiata. Blätterkiemener, Muscheln

6 Mollusca. Lamellibraucliiata. Ein sehr kräftiges, muskulöses Bewegungsorgan , der sog. Fuss (Fig. 3 p) , ist bei den meisten Muschelthieren entwickelt und liegt im vorderen und unteren Theil der Leibeshöhle, umgeben von den Kiemen und Mantellappen. Meist ist er seitlich zusammengedrückt, beilförmig, keulenförmig, wurmförmig, zuweilen auch knieförmig gebogen und stets vollkommen in die Schale zurückziehbar. Er dient zum Kriechen, Springen oder zum Einbohren in Sand, Schlamm, Holz oder festes Gestein. Bei den bohrenden Muscheln wird der Fuss zum Anstemmen des Körpers benützt, sowie zu einer drehenden Bewegung der Schale, welche auf der Vorder­seite mit Rauhigkeiten oder Stacheln besetzt ist und wie eine Feile auf Holz oder Kalkstein einwirkt. Nach Hancock ist der Fuss gewisser Pholaden mit zahlreichen winzigen Kieselkörperchen imprägnirt und da­durch zum Bohren besonders geeignet. Die zur Retraction und Bewegung des Fusses dienenden Muskeln heften sich in der Regel vorn über oder neben dem Schliessmuskel an und hinterlassen daselbst auf der Schale Eindrücke. Bei vielen Muscheln besitzt der Fuss an seiner unteren Fläche eine Furche, die mit einer Drüse in Verbindung steht, welche hornige, chitinartige Fäden absondert. Vereinigen sich dieselben zu einem Büschel (Byssus), so können die Schalen mittelst dieser Byssusfäden an fremden Körpern festgeheftet werden. Meist steht die starke Ent­wickelung des Byssus in umgekehrtem Verhältniss zur Stärke des Fusses ; derselbe ist bei den Hauptbyssusträgern (Mytilidae , Pectinidae ) klein und schwach; bei manchen Gattungen verkümmern Fuss und Byssus zu­gleich (Ostreidae ). Zu den durch kräftige Entwickelung ausgezeichnten Organen gehören die Muskeln (addudores ), welche das Schliessen der Schalen bewirken; sie bestehen aus einem dicken Bündel meist ungestreifter Muskelfasern, die sich quer von einer Schale zur anderen erstrecken. Von den zwei, meist ziemlich gleichmässig entwickelten Muskeln befindet sich der eine in der Nähe des vorderen, der andere in jener des Hinterrandes; öfters existirt nur ein einziger und zwar der hintere Schliessmuskel. Die Muschelthiere sind in der Regel getrennten Geschlechtes, selten Hermaphroditen; bei den ersteren lassen sich männliche und weibliche Thiere hin und wieder durch kleine Abweichungen unterscheiden. Die befruchteten Eier durchlaufen ihre ersten Embryonalstadien innerhalb der Schalen des Mutterthieres. Die ausgeschwärmten Larven zeichnen sich durch einen breiten Wimperrand (Velum) am vorderen Pole aus. Die Schalen erscheinen schon frühzeitig, weichen jedoch in ihrer anfäng­lichen Form zuweilen so sehr von der definitiven ab , dass man z. B. junge Embryonen von Unio lange Zeit für Parasiten der letzteren ge-

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