H. Németh István - D. Szakács Anita: Johann Wohlmuth soproni polgármester naplója 1717-1737 (Sopron, 2014)
H. Németh István: A város szolgálatában Johann Wohlmuth pályafutásának várospolitikai tényezői
aber bald eine Führungsposition. Doch diese verspätete, plötzliche Entwicklung wäre ohne die Machtentfaltung der Staaten undenkbar gewesen — so Braudel. Die Großstädte fungierten also als „Katalysatoren” des modernen Staates — auf der anderen Seite jedoch war der Staat unerlässlich für die Herausbildung der Großstädte. Das führte folgerichtig dazu, dass die bis dahin noch mittelalterlich geprägten Städte verschwanden und sich innerhalb eines modernen Staates explosionsartig zu entwickeln begannen.9 In der ungarischen Historiographie werden die Zentralisierung und der Absolutismus in der Frühen Neuzeit als nachteilig betrachtet. Jenő Szűcs bewertete den Eingriff des Staates als einen negativen Schritt im Elinblick auf die Stadtentwicklung des 16.—17. Jahrhunderts. Die Meinung, die „Selbstverwaltung” der Städte zeige gleichzeitig ihre Prosperität und ihren Entwicklungsgrad, ist in den stadtgeschichtlichen Analysen relativ weit verbreitet.10 Wenn wir jedoch diejenigen Städte unter die Lupe nehmen, die gerade in der untersuchten Epoche den Rang einer königlichen Freistadt erlangt hatten, können wir feststellen, dass der Aufstieg nicht ausschließlich der wirtschaftlichen Entwicklung zu verdanken ist. Debrecen zum Beispiel lag im Dreieck des Königreichs Ungarn, des Fürstentums Siebenbürgen und der Osmanischen Gebiete und konnte dadurch eine bedeutende Rolle im Handelswesen des 16.-17. Jahrhunderts spielen, was wir erst vor kaum zehn Jahren dank der Recherchen Lajos Gecsényis erfahren haben.11 Den Titel einer königlichen Freistadt erhielt Debre- cen/Debrezin jedoch erst 1693 nach den Rückeroberungskriegen, und gar erst im 18. Jahrhundert wurde das Privileg auf dem ungarischen Reichstag bestätigt. Die Rückeroberung des Landes zog jedoch eine veränderte Situation nach sich: Debrecen verlor schrittweise seine bis dahin wichtige und führende Rolle zwischen den Ländern. Im 19. Jahrhundert übernahm Grosswardein [heute Oradea in Rumänien] allmählich die wirtschaftliche Rolle Debrecens.12 Auf der anderen Seite bedeutete der Erhalt des Ranges einer königlichen Freistadt eine wachsende Bedeutung in wirtschaftlicher Hinsicht, wie beispielsweise im Fall von Györ/Raab.13 Man kann jedoch bemerken, dass nicht alle im Mittelalter privilegierten Ortschaften zu wirtschaftlich prosperierenden Städten wurden.14 Dies wirft auch die Frage auf, ob die staatliche Kontrolle über die Stadtverwaltung Grand für den Niedergang der Städte bzw. Grund für ihre niedrigere wirtschaftliche Teilnahme war. Es wird noch bedenklicher, wenn wir in Betracht ziehen, dass auch bei den westeuropäischen Städten, die Prosperität aufwiesen und ein starkes Stadtbürgertum besaßen, die Staaten immer mehr Macht an sich zogen — es handelt sich also um eine europäische Tendenz, die ebenso für die österreichischen Erbländer wie für das Königreich Ungarn Gültigkeit hat. Die Monographie von Ferenc Eckhart über die ungarische Wirtschaftspolitik im 18. Jahrhundert behandelt auch die Nachtteile dieser Wirtschaftspolitik.15 Seine Topoi wurden auch in der Stadtgeschichtsschreibung mit Vorliebe verwendet — ohne die in den österreichischen Erbländern durchgeführten Maßnahmen zu kennen. Deswegen interpretierte Die Karriere von Johann Wohlmuth im Spiegel der Stadtpolitik 9 Braudel, 1985. 528-533. 10 Szűcs, 1963. 11 Gecsényi, 1995.; Gecsényi, 1993. 12 Sándor Gyimesi war der erste, der auf dieses Phänomen aufmerksam machte, seine Analysen wurden aber von den Stadtgeschichtstforschern nicht übernommen und organisch in ihre Werke eingebaut. Gyimesi, 1975. 140- 141., 145.; Bácskai, 2002. 59. Zur Zunahme der Rolle von Nagyvárad (Oradea, Rumänien) vgl. Bácskai, 1988. 40. 13 Balázs, 1980. 14 Es sollen hier vor allem solche Kleinstädte wie Kisszeben [Sabinov], Modor [Módra], Pösing [Pezinok], Sankt Georgen [Sväty Jur, alle in der Slowakei] genannt werden. 15 Eckhart, 1922. 35