Leopold Auer - Manfred Wehdorn (Hrsg.): Das Haus-, Hof- und Staatsarchiv (2003)

Geschichte - Michael Hochedlinger: "Geistige Schatzkammer Österreichs". Zur Geschichte des Haus-, Hof- und Staatsarchivs 1749-2003

Josef Chmel (1798-1858), Vizedirektor 1846-1858 Alfred Ritter von Arneth (1819-1897), Direktor 1868-1897 Geistige Schatzkammer Österreichs Fortgang seiner Ordnungs- und Erschließungsarbeiten verantwort­lich gewesen sein. Von Rosenthals Nachfolger, dem eigens nach Wien abgeworbenen Würzburger Professor für Reichsgeschichte und Autor einer in ihrer Zeit ungemein populären „Geschichte der Teutschen" (1778-1 783), Michael Ignaz Schmidt (1 736-1 794), hat sich Staatskanzler Kaunitz als oberster Hüter des Hausarchivs besonderes Talent gerade für propagandistische Arbeit im Sinne des Erzhauses erwartet, kaum Engagement für den Archivdienst im engeren Sinne. Ob das Hausarchiv als Sammelstelle überwiegend mittelalterlicher Urkunden des böhmisch-österreichischen Kern­staates überhaupt geeignet und in der Lage war, der Tagespolitik des späten 18. Jahrhunderts durch die Zusammenstellung von „Farbbüchern" zuzuarbeiten, darf füglich bezweifelt werden. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts hat sich die Natur der Bestände des Hausarchivs durch die massenhaften Neuzugänge von Akten mit weitem geographischem Horizont - und damit natürlich auch das Wesen der Anstalt selbst - dramatisch geändert. Die Enttäuschung über die sichtlich geringe Rentabilität des Hausarchivs wird auch mit dazu geführt haben, daß die Staatskanzlei zu Ausgang des 18. Jahrhunderts das Hausarchiv ver­stärkt unter ihre Kontrolle zu bringen trachtete und die Führung der Institution regelmäßig dem Archivreferenten der Staatskanzlei oder einem archivfremden Direktor aus dem Personalstand der Staatskanzlei übertrug, wobei aber die fachliche Geschäftsführung dem Ersten Archivar zufiel. Daß allerdings auch die „reine" historische Forschung eines Tages zu den Aufgaben des Archivs würde zählen können, klingt am Rande der üblichen Beschwörung seines Werts für die praktische Politik schon 1785 in einer Äußerung des Staatskanzlers Kaunitz gegenüber Kaiser Joseph II. an, der von „bloßem gelehrten Fürwitz" bekannt­lich nichts hielt: Es gebe in Europa, so dozierte der Kanzler damals, keinen gesitteten Hof, „der nicht sein Staatsarchiv als einen wahren Schatz betrachten, solchen mit größ­ter Sorgfalt bewahren und gelegentlich zu vermehren suchen, der nicht Archivurkun­den, und besonders die ältesten, für eine wahre Zierde seines Hauses, für das Hauptmittel zur Aufklärung seiner National­geschichte und für die wesentlichste Hilfe, seine Aktivansprüche zu verteidigen oder fremde zudringliche Forderungen abzufertigen, ansehen sollte”. Besonders Joseph Freiherr von Hormayr (1782-1848), selbst ein ungemein produktiver Historiker, hat dann während seiner kurzen Direktion von 1808 bis 1813 nicht nur die aktive Sammeltätigkeit des Hauses neu belebt, sondern war auch bemüht, das Archiv zu einer wissenschaftlichen (im damaligen Sprachgebrauch „literari­schen") Anstalt eigenen Rechts aufzuwerten, zu der es dann freilich erst 1840 wirklich erklärt wurde. Den Archivaren war nun unter gewissen Einschränkungen und natürlich unter der Bedingung, daß ihre Amtspflichten nicht darunter litten, die Betätigung „auf dem Felde der historischen Literatur als Schriftsteller" gestattet. Zwar entstanden vorerst keine Gemeinschaftsarbeiten von Archivaren, aber einzelne Beamte, darunter insbesondere Josef Chmel (1798- 1858), nahmen doch in der Geschichtsforschung des Vormärz einen besonderen Ehrenplatz ein. Zwei Archivaren, Lorenz und Tomaschek, wurde 1861 bzw. 1863 sogar erlaubt, neben ihrer Tätigkeit am Haus-, Hof- und Staatsarchiv Professuren an der Universität Wien auszuüben.

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