Das Österreichische Staatsarchiv (1988)
Gedanken zur Planung
GEDANKEN ZUR PLANUNG I m Neubau des österreichischen Staatsarchivs erfolgt die Zusammenlegung der bestehenden Archive Allgemeines Verwaltungsarchiv, Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Hofkammer- und Finanzarchiv, Kriegsarchiv und Verkehrsarchiv mit dem neu gegründeten Archiv der Republik, Das Raumprogramm wurde von der Generaldirektion des Staatsarchivs erarbeitet und bildet die Planungsunterlage für die beauftragten Architekten. Mit diesem Raumprogramm waren sowohl eine grundsätzliche Gliederung der Funktionsabläufe, wie sie generell für jeden Archivbau Gültigkeit haben, als auch die Anforderungen nach einem hohen technischen Ausstattungsgrad für die Konservierung und zum Schutz des Archivguts vorgegeben. Jedes Archiv im öffentlichen Besitz hat prinzipiell dieselbe Gliederung in drei Funktionszonen: die Zone des Speichers, die Zone der Archivare und die Zone der Öffentlichkeit. Die Zone des Speichers S ie besteht aus vierzehn übereinander gelagerten, knapp übermannshohen Geschoßen, in welchen in stählernen Roll- und Fixregalen die Archivalien aufbewahrt werden. Die Archivalien werden nach den letzten Erkenntnissen der Chemie und Technik koserviert, vor den Unbilden der Elemente Feuer, Wasser und Licht geschützt und vor dem Zugriff Unbefugte behütet wie das Gold in den Banken. Die Zone der Archivare S ie umfaßt den zweiten, abgeschlossenen Bereich, die Be- und Entladezone, die Zwischenspeicher, die Restaurierwerkstätte, das Fotolabor, die Reprowerkstätte und die Büroräume der Archivare. Die Zone der Öffentlichkeit S ie liegt im Erdgeschoß und beginnt mit der Eingangshalle, von der aus die Leseräume, der Vortragssaal und der Ausstellungsraum zu erreichen sind. Bei unserem Bauvorhaben wurde die Speicherzone in den Kern des Bauwerks gesetzt. Die Zone der Archivare umschließt von drei Seiten die Speicherzone und bildet so eine natürliche Abschirmung, gewissermaßen eine Zwischenklimazone gegenüber der Außenwelt und der Speichersphäre. Gesteht man den Architekten zu, daß sie die funktionellen, bautechnischen und wirtschaftlichen Komponenten einer solchen Planung beherrschen, so muß man ihnen einräumen, daß in ihre Planungsüberlegungen auch Gedanken über die gesellschaftspolitische Wertigkeit des zu entwerfenden Gebäudes einfließen. Diese übergeordnete Planungsphilosophie gilt es im Entwurfsgeschehen für das neue österreichische Staatsarchiv aufzuzeigen. Dabei war zuvorderst die Frage zu stellen, wie sich der Staat in derZweiten Republik den Bürgern darstelle und daraus folgernd, welchen Grad an Repräsentation einem bedeutenden öffentlichen Bauwerk zukomme. Verfolgt man das Bemühen des Staates um die Festigung der demokratischen Rechte seiner Bürger und um die Sicherung ihrer sozialen Bedürfnisse, und anerkennt man so die dem Staat zukommende Rolle des Dienens an den Bürgern, 19