Das Österreichische Staatsarchiv (1988)

Kurt Peball: Das Österreichische Staatsarchiv

die nicht nur bei den archivalischen Ordnungsar­beiten zum Ausdruck kommt, sondern auch in der wissenschaftlichen Beratung von Benützern und im Erteilen von schriftlichen Auskünften zu ge­schichtswissenschaftlichen Fragen oder zu ver­schiedenen Anliegen von Behörden, aber auch bei der Auswertung der Archivalien in Publikatio­nen (Einzelwerke, Serienwerke, Kataloge, Zeit­schriften usw.), wiesiefrühervon den Direktionen der Teilarchive und jetzt von der Generaldirektion herausgebracht werden. Die von den Mitarbeitern derTeilarchive seit ihrem Entstehen veröffentlich­ten Abhandlungen und Werke umfassen viele Hunderte Titel; in der Anlage 1 ist eine Auswahl der von den Direktionen der Teilarchive heraus­gegebenen Publikationen angeführt. Die Tätigkeit im Staatsarchiv hat im Lauf seiner Geschichte bedeutende Gelehrte angezogen, die dort in leitenden Funktionen gedient haben oder auch als Gelehrte aus dem Bedienstetenstand des Archivs hervorgegangen sind. Auch Dichter und Schriftsteller wirkten dort; so war der österrei­chische Nationaldichter Franz Grillparzer wäh­rend der Jahre 1832—1856 Direktor des Hofkam­merarchivs. Sein Arbeitszimmer ist heute Mu­seumsraum. Ähnliche Museumsräume in anderen Staatsarchivabteilungen, wie das sogenannte „Conrad-Zimmer“ im Kriegsarchiv (ein Raum, in welchem die Bibliothek und verschiedene Erinne­rungsgegenstände an den k. u. k. Feldmarschall Franz Graf Conrad von Hötzendorf (1852-1924) erinnerten, der hier zeitweilig an seinen Kriegserin­nerungen „Aus meiner Dienstzeit 1905-1918“ gearbeitet hatte), wurden schon seit Jahren als nicht direkt zum Archiv und seinen Aufgaben ge­hörend, aufgelassen. Die jährliche Benutzungsfrequenz des Österrei­chischen Staatsarchivs beträgt im Durchschnitt 20.000 bis 23.000 Benutzungen durch 2500 bis 3000 Benützer, davon mehr als ein Drittel aus dem Ausland (Europa und Übersee). Schriftlich werden zwischen 10.000 und 15.000 Auskünfte zu verschiedenen wissenschaftlichen Anliegen, davon mehr als die Hälfte aus dem Ausland, und zu Anliegen von Behörden erteilt. Für Benutzungsanliegen werden jährlich zwi­schen 600.000 und 700.000 Elektrokopien und 40.000 bis 60.000 Mikrofilmaufnahmen herge­stellt und gegen Bezahlung abgegeben. Die Benutzungsfrequenz bedeutet im Leistungs­potential das manuelle Bewegen von mehreren hunderttausend Archivalien, die von den Depots ausgehoben, transportiert und wieder eingelegt werden. Die Einsicht in die Archivalien des Österreichi­schen Staatsarchivs ist kostenlos. Archivalien, die älter als 30 Jahre (von der Gegenwart zurückge­rechnet) sind, können für wissenschaftliche und private Zwecke benützt werden. Oualifizierten Wissenschaftern kann auf Ansuchen eine Benüt­zung von Archivgut genehmigt werden, das älter als 20 Jahre ist. In- und Ausländer sind gleichbe­rechtigt, bei ausländischen Benützern müssen zwischenstaatliche Gleichheitsübereinkommen vorliegen (Reziprozität). Jeder Benützer muß sich verpflichten, Daten- und Persönlichkeitsschutz­rechte und Interessen des österreichischen Staa­tes zu respektieren. Als staatliches Archiv besteht eine Verpflichtung zur Amtshilfe und Aktenentleh­nungen an die Bundesbehörden. Entlehnungen an wissenschaftliche Institute, die eine gesicherte Aufbewahrung der Archivalien garantieren kön­nen, sind in Ausnahmefällen möglich. Entlehnun­gen für Ausstellungen müssen entsprechend wertversichert werden. Entlehnungen von Archi­valien an Privatpersonen werden nicht gemacht. Das Österreichische Staatsarchiv ist an allen gro­ßen österreichischen Ausstellungen und an viel­en bedeutenden ausländischen Ausstellungen mit Leihgaben aus seinen Beständen vertreten. Es ist in den wichtigsten internationalen Archiv­vereinigungen verankert. Nebenberuflich halten 15

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