Puskás Attila (szerk.): A Szent Titok vonzásában. A hetvenéves Fila Béla köszöntése - Studia Theologica Budapestinensia 32. (2003)

Fehér M. István: Pietismus und Hermeneutik

Fehér M. István 77 gelisch-biblische Methode der Belehrung des Volks in der wahren inneren und allgemeinen Religion“.36 Was Kant hier als doktrinal anspricht, dann in einem zweiten Schritt einfach philosophisch nennt und als solches dem philologischen entgegensetzt, lautet bei Gadamer hermeneutisch, d.h. (nicht nur bei Gadamer, sondern auch bei Kant) auf die eigene Situation angewandt, und liegt in der hermeneutischen Lehre der Anwendung, die nicht einmal bedarf, gegen eine bloß philologische oder bucht- stäbliche Interpretation abgegrenzt zu werden. Laut Gadamer ist ja „die Anwendung nicht ein nachträglicher und gelegentlicher Teil des Verstehensphänomens [...], sondern es von vornherein und im ganzen mitbes­timmt“:37 „Einen Text verstehen heißt immer schon, ihn auf uns selbst anwen­den.“38 Kant führt aber selber in einem letzten Schritt die philologische oder — wie er es auch nennt — authentische Auslegung auf das doktrínáié zurück und faßt beide in dieser zusammen. „In Absicht auf die Religion eines Volks, das eine heilige Schrift zu verehren gelehrt worden ist, ist nun die doktrínáié Auslegung derselben , welche sich auf sein (des Volks) moralisches Interesse — der Erbauung, sittlichen Besserung und so der Seligwerdung — bezieht, zugleich die authentische: d.i., so will Gott seinen in der Bibel geoffenbarten Willen ver­standen wissen.“39 Gadamers Verstehens- und Anwendungsbegriff ist in dieser Hinsicht freilich ein gutes Stück de-theologisiert. Worum es Gadamer im wesentlichen geht, ist das in den Geisteswissenschaften heimische Verstehen, das Verstehen der Tradition. Die Zugehörigkeit des Interpreten zu seinem Interpretierten oder das existentielle Betroffen-werden im eigenen Sein vom jeweils Interpretierten, des Lesers vom Gelesenen, so zwar, daß die daraus resultierende Interpretation, statt ein Allgemeinwissen zu sein, das erst noch der Anwendung bedarf, ein Wissen darstellt, das in sich selbst die Anwendung enthält, und so praktisch und situa­tionsgebunden ausgerichtet in eine Situation eingreift und diese, wie im Wissen der phrotiesis, im Blick auf das mögliche Tun des jeweiligen Guten beleuchtet — all dies sind immerhin Grundcharaktere der Hermeneutik Gadamers. 36 Ebd., 337. 37 GW, Bd. 1, 329. 38 GW; Bd 1, 401. 39 KANT, Werkausgabe, Bd. XI, 337f.

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