Willi Klinkhammer: Krankenhausseelsorge im staatlichen und kirchlichen Recht - Studia Theologica Budapestinensia 21. (2000)

3. Die Praxis der Kirche - 3c) Seelsorge durch Gespräch

von der Bedrohtheit durch Angst und Einsamkeit zu befreien".285 Neben dem gravierenden Unterschied des Selbstverständnisses arbei­tet die partnerzentrierte Seelsorge auch eher mit psychisch gesunden Menschen, die in Lebensnot oder Lebenskrise geraten sind. Dabei kann die Seelsorge sich hinsichtlich der Menschenkenntnis und Men­schenbehandlung psychotherapeutischen Wissens bedienen, während eine psychische Krankheit die Seelsorge und das Gespräch unmög­lich machen kann.286 letztlich besteht eine große Unsicherheit im Ver­hältnis zwischen Seelenheil-Kunde und Seelen — Heilkunde, zwi­schen kirchlicher Pastoral und weltlicher Pychotherapie. Aber nicht bloß theologisch bestimmbare Motive und Intentionen verleihen der Seelsorge ein sie von der säkularen Psychotherapie ge­nerell trennendes Proprium,287 sondern auch die Ratsuchenden werden als different in bedeutenden Fakten beschrieben: der Mensch, der den geistlichen Seelsorger aufsucht, will keinen Therapeuten. Ein Konkurrenzverhältnis zwischen Heilssorge und säkularer Heilsme­thode besteht nicht wegen der disparaten Rollen und Vollzüge des Seelsorgers und des Therapeuten. Genausowenig ist das seelsorgerli- che Gespräch als ein psychotherapeutisches Verfahren im kirchlichen Kontext zu begreifen.288 Während der Therapeut Selbstfindung fördert sowie die Hindernis­se dafür aufzeigt und nicht berät oder eine Weltanschauung empfiehlt, ist der Seelsorger als Berater im Gespräch ein „qualifizierter Zeuge für einige christliche Werte", so daß der Glaube an die Befähigung zur Per­sonentfaltung — ein konstitutives Element der Roger'schen Therapie- „sich in eine hoffnungsbeseelte Schau und in das Erleben eines Gottes umsetzt, der uns beim Namen ruft".289 Anders gesagt, gewinnt das seelsorgerliche Gespräch im Unter­schied zur psychologischen Lebensberatung oder therapeutischen Be­handlung durch den Bezugspunkt von Jesus Christus seine eigene Stellung. Diese wesensmäßige Verschiedenheit bedeutet aber keine „Berührungslosigkeit", wenngleich das Proprium der Seelsorge ge­genüber dem der Psychotherapie als ein motivisches und intentiona­285 Ebd. 286 Wörterbuch, Art.: „Pastoral Counseling”, Sp. 809. 287 Vgl. Stollberg, Seelsorge, S. 149. 288 Stollberg, Wahrnehmen, S. 29. 289 Carciá-Monge, S. 650. 63

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