Willi Klinkhammer: Krankenhausseelsorge im staatlichen und kirchlichen Recht - Studia Theologica Budapestinensia 21. (2000)
3. Die Praxis der Kirche - 3c) Seelsorge durch Gespräch
haus. Charakteristisch für das Eigentliche dieser Seelsorge des Gespräches ist, daß es in einem ungeschützten Raum stattfindet. Damit ist ein „offener Horizont"226 des Gespräches auf die Fragen des kranken Menschen hin gemeint. Zum Beispiel in der Frage des Kranken, womit er diese Krankheit denn „verdient" habe, nimmt der Seelsorger seinen Gesprächspartner ernst. Indem er mittels des Gespräches auf die Welt des anderen einzugehen versucht, solidarisiert er sich mit dessen Ausgeliefertsein an eine Situation, die ihm Fragen aufdrängt.227 Innerhalb der Krankenhausseelsorge wird durch die Begegnung zwischen Seelsorger und Kranken im Gespräch, insofern es ein dialogisches Geschehen darstellt, die Lebensfragen, Sorgen, die „ungeklärten Schwierigkeiten und belastenden Nöte"228 ins Wort gebracht. Aus der seelsorglichen Solidarität und der helfenden Beziehung im Gespräch soll dem Gesprächspartner geholfen werden, „ein Mensch zu werden, der an sich selbst zu glauben wagt, weil er durch den Pfarrer (i.s. von Seelsorger) erlebt hat, daß Christus an ihn glaubt".229 In der helfenden Beziehung vollzieht der Seelsorger eine Bewegung auf den Menschen hin und diese Beziehung „zum Partner ist das Medium, in dem Verkündigung gelingt oder auch scheitert",230 das heißt, die Beziehung bildet die Voraussetzung, in der Verkündigung erst gelingen kann. Sie wird mitkonstituiert neben der Kommunikationsfähigkeit des Seelsorgers durch eine entsprechende Haltung oder Einstellung. Dabei ist eine „überhebliche Besserwisserei wie (ein) religiös verbrämter Paternalismus" unangemessen.231 In der Beziehung zum Patienten geschieht durch das Gespräch eine Assistenz des Seelsorgers in einer Identitätshaltung als „Situationsinterpret"232 oder als geistlicher Berater am ehesten. Das wiederum bedeutet nicht, daß in der Beziehung durch das Gespräch ausschließlich eine Konzentration auf die psychodynamischen Prozesse des Gesprächspartners vorherrscht. Auch im Gespräch hat der Seelsorger eine Aufgabe als Vermittler und Klärer wahrzunehmen.233 226 Székely, Struktur, S. 90. 227 Vgl. Mode, Zwischen Pastorale und Psychologie, S. 17. 228 Filthaut, S. 318. 229 Hammers, Seelsorge, S. 86. 230 Filthaut, S. 319. 231 Preul, S. 64. 232 Hammers, Entwicklungen, S. 156. 233 Mayer-Scheu, Seelsorge, S. 36. 54