Willi Klinkhammer: Krankenhausseelsorge im staatlichen und kirchlichen Recht - Studia Theologica Budapestinensia 21. (2000)
2. Anthropologische und theologische Grundlegung der Seelsorge im Krankenhaus - 2a) Der kranke Mensch
men wird aus der Phalanx der Schaffenden und Produzierenden. Dazu ist er noch auf die Hilfe anderer angewiesen. Damit aber ist sein seelischer Erlebnishorizont wesentlich verändert".35 Der Tatsache, daß es beim kranken Menschen oft zu tiefgreifenden psychologischen Konsequenzen, ja zu einer Art Persönlichkeitsveränderung kommt, kann nicht widersprochen werden. Es liegt vielmehr nahe und auf der Hand, daß „die durch die Krankheit veränderte Lebenslage vor allem ein Nachlassen der Vitalität mit sich bringt".36 Darüber hinaus befällt den Kranken ein Unsicherheits- und Angstgefühl. Die Gründe, die als Ursache für Unsicherheit und Angst beim Kranken geltend gemacht werden, sind vielfältig. Hauptsächlich spielen folgende drei Gründe eine überwiegende Rolle: „1. Der Bruch mit dem normalen Leben 2. Minderwertigkeitsgefühle 3. Der Verlust der Freiheit".37 Der Eintritt in ein Krankenhaus ist insofern ein Bruch mit dem Alltäglichen, der oft auch als der „erste Schritt zum 'Unmenschlichen'"38 gewertet wird. Der plakative Begriff der Minderwertigkeitsgefühle findet seinen Ursprung im Pflegebedürfnis des Kranken, aber auch im Verlust des Status (psychisch wie sozial) oder im Zunichtewerden seiner Lebenspläne und Ziele. 2.4 Theologische Daten Im Rahmen dieser Arbeit ist es gewiß nötig, die theologisch — anthropologischen Implikate der Situation des kranken Menschen zu skizzeren. In Anbetracht der Tatsache, daß „Krankheit und Leid unbekannte und unheimliche Mächte (bedeuten), die das Lebensglück des Menschen grundsätzlich in Frage stellen",39 ist eine Beschäftigung der Theologie mit Ursprung und Sinn von Krankheit unerläßlich. 35 Faber, Seelsorge, S. 20. 36 Bolech, S. 99. 37 Ebd., S.100. 38 Bolech, S. 100. 39 Kertelge, Krankheit, S. 13. 21