Gudrun Bohle: Die Frage der Läuterung im Alten Testament - Studia Theologica Budapestinensia 20. (1998)

II. - II.1. Jesaja 6,1-11

gesehen" stehen parallel nebeneinander und führen gleichermaßen zur Todesverfallenheit des Jesaja.128 II.1.6.2.4. Die Aufhebung des Gerichtscharakters. Diese Todesverfallenheit des Jesaja ist aber nicht endgültig. So kann in dieser Stelle denn auch von Läuterung gesprochen werden. Das Gericht, das unausweichlich scheint, wird aufgehoben. Die Majestät Gottes wird erfahrbar als etwas, was all das, was offenkundig zum Gericht führt, überwindet; neben die schreckliche Wirkungsweise der Majestät Gottes tritt nun die positive Seite dieser göttlichen Macht, die von der Gerichts- bzw. Todesverfallenheit befreit. Es muß freilich betont werden, daß in Jes 6 diese Erfahrung der Läuterung für den Propheten Jesaja als Einzelmenschen gilt. Das Volk, dessen Unreinheit der Prophet angesichts Gottes ebenfalls erkennt und bekennt, hat an dieser Läuterung keinen Anteil. Im Gegenteil, gemäß dem darauffolgenden Verstockungsauftrag soll der Prophet diesem das Gericht ankündigen. 11.1.6.2.4.1. Voraussetzungen. V.5. steht als Bindeglied zwischen dem ersten und dem zweiten Teil dieser Perikope. Im vorangehenden Kapitel wurde die Aussage Jesajas in v.5. als seine Reaktion auf die Vision beschrieben. Gleichzeitig aber ist dieselbe Aussage auch Voraussetzung für das nun folgende Läuterungsgeschehen. Wir haben es mit einem Sündenbekenntnis zu tun, und zwar in doppelter Hinsicht: Jesaja bekennt seine eigene und die Unreinheit des Volkes, zu dem er gehört. Dieses Sündenbekenntnis ist ein Bekenntnis seiner Natur insgesamt vor Gott und nicht eine Aufzählung von irgendwelchen Einzelvergehen.129 Der Text, wie wir ihn vorliegen haben, stellt nicht klar heraus, ob dieses Bekenntnis des Jesaja unabdingbare Voraussetzung ist für die Läuterung, ohne das er nicht entsündigt werden hätte können. Es ist 128 vgl. zu diesem Absatz: H. Wildberger, BK X/l, 1972, S.249. 129 H.Wildberger, BK X/l, 1972, S. 253: “TKCn (beschreibt) nicht einfach ein einzelnes konkretes Vergehen, sondern die sündige Haltung Jesajas überhaupt. Die Einzelsünden haben einen permanenten Habitus geschaffen. Genauso ist auch py im Singular verwendet, meint aber die aus jenem Habitus sich ergebende, die Existenz des Menschen bedrohende Schuld. ” 63

Next

/
Oldalképek
Tartalom