Gudrun Bohle: Die Frage der Läuterung im Alten Testament - Studia Theologica Budapestinensia 20. (1998)
II. - II.1. Jesaja 6,1-11
O.Keel erklärt das plötzliche Auftauchen dieser Gestalten bei Jesaja damit, daß es eine "intensive Verehrung der Serafim im ausgehenden 8. Jahrhundert"58 in Israel gegeben hat, die durch Siegelfunde aus dieser Zeit belegt werden kann. Diese sind beeinflußt von den Uräendarstellungen aus Ägypten.59 Demnach handelt es sich bei den Seraphen nicht um eine kanaanäische Vorstellung, die speziell in Jerusalem beheimatet war; dennoch wurden sie an dieser Stelle erwähnt, da sie der Darstellung des Hofstaates Jahwes, des Königs, dienen. II.1.3.1.5. Der Thronrat. Insbesondere aus den Fragen in Jes. 6,8: 135 “|5’' '01 TlSu X "C Í1X Wen werde ich senden? Wer wird für uns gehen? läßt sich schließen, daß Jahwe umgeben ist von einem himmlischen Rat. Die Gegenwart der Seraphen, der Königstitel Jahwes und der Titel "Jahwe Zebaoth" stützen die Vorstellung eines himmlischen Thronrates, wie sie aus der kanaanitisch-syrischen Religion in Jerusalem übernommen wurden60. Es ist allerdings in keiner Form genauer erläutert, wer diesem Rat angehören soll und ob er tatsächlich eine Beratungsfunktion hat.6* Es genügt in unserem Zusammenhang, darauf hinzuweisen, daß das Vorkommen dieser Vorstellung auf einen jerusalemischen Kontext hindeutet, da diese dort leicht aus kanaanäischen Mythen übernommen werden konnte. In den syrisch-kanaanitischen Stadtstaaten war die Vorstellung eines himmlischen Thronrates "eines der spezifischen Elemente des Kultes"62. Dieser "Rat" ist kein Rat im eigentlichen Sinn, sondern hat die Aufgabe, die Größe Jahwes zu unterstreichen, ihn zu loben (vgl. v.3) 58ebd„ S. 110. 59 ebd., S.108TF. 60 H.Niehr, Der höchste Gott, 1990, S.82. 61 R.N.Whybray, The Heavenly Counsellor in Jsaiah XL 13-14., 1971, R.N.Whybray hat in einer Studie zum Himmlischen Rat in Jes. 40,13-14 die außerisraelitischen Vorstellungen davon erarbeitet und dabei auch ein Kapitel der Übernahme der Vorstellung des Himmlischen Rates Jahwes in Israel gewidmet, (bes. S. 39-58). S. 50: "Isaiah .. is allowed to observe the heavenly council meeting. Only the seraphim are mentioned as present... It is not clear whether some discussion has taken place before his arrival, which has led to a decision that someone must be sent. The 'for us' f 135) may or may not imply that the decision is a joint one. " 62 H.Niehr, Der höchste Gott, 1990, S.71. 41