Gudrun Bohle: Die Frage der Läuterung im Alten Testament - Studia Theologica Budapestinensia 20. (1998)
I. Einleitung - Begriffliche Klärung von "Läuterung" - I.1. Gibt es eine "Läuterung" im Alten Testament?
I. Einleitung. - Begriffliche Klärung von "Läuterung". 1.1. Gibt es eine "Läuterung" im Alten Testament? "Läuterung", "Läuterungsort", "Läuterungszustand" sind in der katholischen Theologie geprägte Begriffe, die zum dogmatischen Traktat der Eschatologie zugerechnet werden. Sehen wir jedoch einmal von dieser spezifisch-theologischen Bedeutung ab, die für das Alte Testament nicht anwendbar ist, so ist im ursprünglichen Sinn der Begriff "läutern" dem Bereich der Metallverarbeitung zuzuordnen. Dies gilt für die deutsche Sprache. Geläutert wird vor allem Silber, aber auch andere Metalle - mit dem Ziel der Veredelung wird das Metall von der Schlacke befreit und gereinigt. Veredelung, Befreiung von Unreinem und vor allem auch Reinigung sind die Vorstellungen, die hinter den dem deutschen Wort "Läuterung" entsprechenden Begriffen in anderen europäischen Sprachen stehen. Diese sind in der Regel abgeleitet vom lateinischen "purificatio" - "purus + facere"1. Die Vorstellung der Reinigung ist auch im Alten Testament ein wichtiger Begriff. Dies kann eine Grundlage für die weiteren Untersuchungen bilden. Von hier her können nach Abschluß der Arbeit am Alten Testament auch Parallelen, Verbindungslinien und Entwicklungen hin zu der theologischen Vorstellung von "Läuterung" angestellt werden. Die Vorstellung von Reinigung ist in den Texten des Alten Testaments nicht gleichmäßig verteilt. Bevor von Reinigung geredet werden kann, ist zunächst die Vorstellung von "rein" und "unrein" zu suchen. Dabei zeigt sich, daß diese Begriffe in den ältesten Texten 1 vgl. die romanischen und germanischen Sprachen. Auch in der ungarischen Sprache ist die Wurzel “tiszta” - “rein” zu finden: “megtisztulás/megtisztitás” 11