Anton Millner: "Die Gefangenenseelsorge" - Studia Theologica Budapestinensia 1. (1990)

II. Kapitel. Die Fragestellung

Frage ist die nach dem Verhältnis des Priesters zu anderen seelsorglichen Diensten und Hilfsdiensten im Gefangenenhaus, wie dem des Diakons und des Laienmitarbeiters. Gerade diese letztgennanten Dienste werden in Zukunft noch stärker als bislang von entscheidender Bedeutung sein. Im Rahmen dieser Arbeit bezeichnet der Terminus "Gefangenenseel­sorger" immer den Priester. Auf die bedeutsame Frage des Zueinan- ders des priesterlichen Dienstes im Gefängnis zu den anderen seelsorglichen Diensten wird gegen Ende der Arbeit, in dem eine aus­führlichere Bewertung der rechtlichen Situation des Seelsorgerdienstes im Gefängnis unternommen wird, eingegangen werden. Die Spannung, in der sich der Gefangenenseelsorge befindet, ist ge­kennzeichnet durch die verschiedenen Erwartungen der Menschen, die an ihn herangetragen werden, einerseits, - und durch die verschie­denen rechtlichen Bereiche, in denen er sich befindet, andererseits. Ins Detail gehende Dienstanweisungen gibt es in vielen Fällen nicht. "Von da her hat es den Anschein, als stehe dem Gefängnispfarrer ein grosser Freiraum zur Verfügung. In der konkreten Arbeit zeigt sich jedoch, dass es unausgesprochene Erwartungen an den Pfarrer gibt, wie er diesen Freiraum auszufüllen hat."1 Ein solcher Freiraum bietet freilich auch eine grosse pastorale Chance, und eine allzu starke Verrechtlichung könnte auch für die Arbeit des Gefangenenhausseelsorgers hinderlich sein. Schon im Jahre 1975 hatte der Baden-Württembergische Justizminister J. BENDER im Hinblick auf die Frage "Für wen ist der Pfarrer im Gefängnis da?" gesagt, dass dem Seelsorger im Vollzug "eine Mittlerfunktion zukomme, da er kraft seines Amtes und aufgrund seiner besonderen Vertrauensstellung wesentlich dazu beitragen 1 2 1. ROTTENSCHLAGER, Karl: Das Ende der Strafanstalt, Wien 1982, S: 225. 2. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11.4.1975. 19

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