Folia Theologica 22. (2011)

Rokay Zoltán: Die Religion und die Religionen bei. Friedrich Wilhelm Joseph Schelling während seiner zweiten Tätigkeit in München (1827-1841)

DIE RELIGION UND DIE RELIGIONEN ... 103 Gesundheit das wahre. Die Faktoren, die erzeugenden Potenzen sind gleich - die Stellung aber ist verschieden. In der falschen Reli­gion ist die Stellung eine falsche, in der wahren Religion sind die Faktoren in ihrer Wahrheit, in ihren ursprünglichen Termini gesetzt. In jeder geschehenden Entwicklung geht Verkehrtes voraus; das Wahre erscheint als das zurechtgestellte Falsche. So geht auch die unorganische Natur der organischen voraus, und erst der Mensch ist das vollkommenste Erzeugnis, in welchem alle Potenzen verei­nigt sind."31 „Natürliche Religion", „Mythologie" ist also nach Schelling dur­chaus Religion: nur eben eine falsche. Aus der Analogie, aus der „Il­lustration" geht hervor: es ist - oder sie ist ein kranker Zustand. Es geht um eine falsche Stellung der „Faktoren", der erzeugenden Potenzen, von denen Schelling schon im „Weltalter-Fragmenten" gesprochen hat. Diese „Falschheit" aber geht dem „Wahren" voraus, und erscheint - wie wir eben gehört haben, als „das zurechtgestellte Falsche". Schel­ling weist dabei auf die Analogie mit der Natur hin: in dem Sinne wäre die falsche Religion mit der unorganischen, die wahre mit der organi­schen Natur zu vergleichen, und erst im Menschen (in dem „vollkom­mensten Erzeugnis") werden alle Potenzen vereinigt. Es überzeugt nicht, warum die Mythologie als krank zu bezeichnen ist - und dabei in Analogie zum Unorganischen steht, und noch weni­ger dass als kranke Form der Religion Voraussetzung, oder sogar Be­dingung der wahren Religion sei, und erst durch ihre Zurechtstellung die wahre Religion entstehe? Zu bedenken ist auch was Schelling über das gemeinsame Schicksal der Mythologie und der Offenbarung sagt: „Daß nun übrigens die durch Mythologie und Offenbarung ent­standene Religionen im gemeinschaftlichen Gegensätze gegen Ver­nunftreligion stehen, ist zu schließen aus ihrem gemeinschaftlichen Schicksal in der Beurteilung der Menschen. Denn wie man sich schon seit langem aus der Offenbarung alles Eigentümliche unter dem Vor­wände, es gehöre bloß zur Einkleidung entfernt, indem man sie alles dessen, was ihren Unterschied von der Vernunftreligion macht, be­raubt, alles Historische nimmt und sie ganz rationalisiert: gerade so wollte man auch in der Mythologie alles Historische als bloße Einklei­31 Ebd. 15ff.

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