Folia Theologica 19. (2008)

Hegyi Márton: Internus homo - eigentliches Selbst

INTERNUS HOMO - EIGENTLICHES SELBST 91 der Sorge um das eigentliche - sich in der Selbstwelt zuspitzende - Selbst erfährt auch die Philosophie bzw. die Phänomenologie einen qualitativ neuen Charakter. Die Aufgabe der Phänomenologie bestehe von nun an nicht nur darin, das faktische Leben oder gar die Selbstwelt als „das Ur(sprungs)gebiet" aufzuzeigen, sondern wesentlich darin, die abfallende Bewegtheit des faktischen Lebens bewusst zu machen und damit die Möglich­keit einer Gegenbewegung vorzubereiten. Das sich diese Aufgabe setzende und somit ein existenzielles Gewicht erfahrene Vorgehen wird »Philo­sophieren« genannt. »Das Philosophieren« ist nach Heidegger »ge- genruinant existenziell«,55 d. h. »nur verstanden ist«, wenn es »an die Wurzeln der eigenen Faktizität des eigenen konkreten Lebens geht«56. Die Interpretation des faktischen Lebens erfährt also eine „Kehre": von 1922 an ist der Gegenstand der Phänomenologie nicht mehr nur das in seinem Querschnitt betrachtete faktische Leben überhaupt und es geht nicht mehr um die Erforschung und Aneignung des atheoretischen phänomenologischen Zugangs zum „Leben an und für sich", sondern der eigentliche Gegenstand der Phänomenologie ist der Längenschnitt der Faktizität bzw. die Bewegungsrichtungen des selbstlichen Lebens, und der springende Punkt der Phänomenologie ist eine eigentliche oder uneigentliche existenzielle Stellungnahme gegenüber der abfallen­den Tendenzen des faktischen Lebens. Durch die religionsphilosophi­schen Untersuchungen angeregt wird die ur(sprungs)wissenschaft- lich-wissenschaftstheoretische Phänomenologie zu einer präethischen Autentizitätsphänomenologie. Dieses „Philosophieren" ruft genau da­zu auf, wozu das Gewissen in der Daseinsanalyse aufruft: »werde, was du bist!«.57 58 Die authentische Lebensphänomenologie wird sozusagen zum Gewissen des faktischen Lebens. Diesen Gedanken fortführend formuliert Heidegger in der Vorlesung Ontologie / Hermeneutik der Fak­tizität ganz im pathetischen Stil der Beiträgen58 in folgender Weise: »die höchste Aufgabe« ist »den echten und nicht beliebigen Aufenthalt zu Anthropologie mit Rücksicht auf die grundsätzlichen Fundamente, die in der Ontologie des Aristoteles erreicht wurden.« 55 GA 61,160. 56 GA 61,169; Hervorhebung im Original. 57 Sein und Zeit, 145. 58 Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) [Hg. Friedrich-Wilhelm von Herr­mann] [GA 65], Vittorio Klostermann, Frankfurt a. M. 21994.

Next

/
Oldalképek
Tartalom