Folia Theologica 19. (2008)
Hegyi Márton: Internus homo - eigentliches Selbst
86 HEGYI, Márton tisch feststellbar ist«, z. B. im Wechsel der Stellung im umweltlichen Raum oder darin, dass Umwelt und Mitwelt im faktischen Leben je nach Stimmungen erfahren werden.25 Das faktische Leben konzentriere sich auf die Selbstwelt, auch wenn dieses Faktum in einer Lebenswelt und für sie unabgehoben bleibe und das Leben sich so gebe, als ob die Selbstwelt von der Umwelt oder der Mitwelt bestimmt und gelenkt wäre.26 Dieses „Faktum" belegt Heidegger mit einer formalisierenden (säkularisierenden) Interpretation des ffzeo/ogzsc/i-hermeneutischen Prinzips „crede ut intelligas" („glaube, um zu verstehen").27 Er argumentiert folgenderweise: das faktische Leben könne insofern verstanden, das heißt, angeeignet werden, als es in der Selbstwelt zentriert sei und von ihr daran herangekommen sei. Diese von Verstehen motivierte Konzentrierung des faktischen Lebens auf die Selbstwelt hin nennt Heidegger »die funktionale Betontheit der Selbstwelt«.28 In diesem Zusammenhang interpretiert Heidegger das erwähnte theologisch- hermeneutische Prinzip in folgender Weise: »lebe lebendig dein Selbst - und erst auf diesem Erfahrungsgrunde, deiner letzten und vollsten Selbsterfahrung, baut sich Erkennen auf«.29 Dieser Gedanke erfährt aber keine weitere phänomenologische Begründung, so dass es gesagt werden könnte, Heidegger nehme ein theologisches Prinzip nur als Muster zu einem phänomenologisch genügend aufgezeigten „Faktum". Anstatt eines rein phänomenologischen Aufweises aber beruft sich Heidegger einfach auf das »Urchristentum als historisches Paradigma für die Verlegung des Schwerpunktes des faktischen Lebens in die Selbstwelt«30 mit der folgenden Überlegung: Im Urchristentum trete die Selbstwelt als solches ins Leben und werde als solches gelebt; diese Lebenseinstellung wurde aber »in die Ausdrucksformen der antiken Wissenschaft gespannt«, was ein Prozess sei, »heute noch tief und verwirrend nachwirkend, von dem loszukommen und radikal loszukommen eine der innersten Tendenzen der Phänomenologie ist«.31 Die Selbstgenügsamkeit, die früher als Grundcharakter des faktischen Lebens aufgezeigt wurde, wird also zur Grund Charakter der Selbstwelt. 25 Vgl. GA 58, 63; 172. 26 Vgl. GA 58, 60. 27 Vgl. GA 58, 62. 28 Vgl. GA 58, 60. 29 GA 58, 62. 30 GA 58, 61. 31 A. a. O.; im Original nur „eine" kursiviert.