Folia Theologica 19. (2008)

Hegyi Márton: Internus homo - eigentliches Selbst

82 HEGYI, Márton (b) Die genannte Maxime untersagt der Phänomenologie, in ihrem Vollzug auf irgendeine Theologie Rücksicht zu nehmen. Theologie als spezielle Form von Weltanschauung hat nämlich den Anspruch, letz­tendlich nicht auf bloß menschliches Nachdenken zu stützen; sie beruft sich auf eine transzendente Offenbarung, der nicht nur Erkenntnisse über Gott zu entnehmen sind, sondern auch bestimmte Prinzipien, die dem menschlichen Leben eine Leitung geben in Hinsicht auf seine transzendente Bestimmung. Die Theologie impliziert daneben auch eine „Ontologie", nach welcher die Konstellation des Seins und das Leben eine Schöpfung Gottes ist; das Leben kann nicht als „selbstge- nügsam" gedeutet werden, sondern ausschließlich als etwas, das von Gott stammt und auf ihn zugeht. Diese Ideen müssen für den Heideg- gerschen phänomenologischen Zugang des Lebens irrelevant bleiben, ja würde deren Einbezug in die phänomenologische Erschließung des Lebens und Seins zur Verstellung dieser führen. Die Phänomenologie müsse die Problematik der Theologie und die Erfahrungen des religiö­sen Lebens einklammem; sie dürfe diese höchstens formal anzeigend, d. h. im Hinblick auf die allgemeine Struktur des faktischen Lebens un­tersuchen. Der „Ursprung" bedeutet für die Phänomenologie etwas ganz Anderes, als für die Theologie: nicht Gott und seine Offenbarung, sondern das pure faktische Leben. Letzteres - das faktische Leben - gilt für die Phänomenologie als alleräußerster Grund. Den Grundzug dieses Grundes beschreibt Hei­degger als „an und für sich" und fixiert terminologisch als „Selbstge­nügsamkeit". Dieser Ausdruck deutet darauf hin, dass die »Motivie­rung der Tendenzen und neuer Tendenzen« »immer aus dem gelebten Leben selbst« kommt und die Tendenzen sich aus den eigenen Formen des Lebens heraus erfüllen.12 Da der genannte Grund, das faktische Leben, sich selbst begründet, muss die Phänomenologie laut Heideg­ger der Bewegung dieser Gründung folgen, also als dieses selbstbe­gründete Urgebiet thematisierende Ur(sprungs)wissenschaft muss die Phänomenologie auch sich selbst begründen. Der Selbstgenügsamkeit des Lebens entspreche also eine bestimmte Zirkelhaftigkeit der der Bewegung des faktischen Lebens folgenden Ur(sprungs)wissenschaft. Diese »in der Idee einer Urwissenschaft mitgegebene Zirkelhaftigkeit des sich selbst Voraussetzens, des sich selbst begründens, des sich 12 Vgl. GA 58, 41 f.

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