Folia Theologica 19. (2008)
Csernai Balázs: "Diener des höchsten Gottes sein" (Apg 16,17) - indirekte Verkündigung in Apg 16,16-40
31 „DIENER DES HÖCHSTEN GOTTES SEIN" I. Richter Reimer weist nach, dass die Missionare wegen Besitzschädigung erfolgreich angeklagt werden konnten und in diesem Fall eine Geldstrafe fällig gewesen wäre.27 Der Wortlaut der Anklage impliziert nun sowohl die finanzielle Beschädigung, als auch den durchgeführten Exorzismus.28 So werden Paulus und Silas nicht nur wegen Besitzschädigung belangt, sondern auch für das zu dieser führende Handeln. Damit bekommt die Anklage eine eindeutig politische Nuance.29 An diesem Punkt setzt die Deutung P. Pilhofers30 an, der die Anklage auf die Aussage der Sklavin zurückführt. Paulus und Silas seien demnach Juden, die ihre jüdischen Gewohnheiten in Philippi einführen wollen. Da der römische Staat auf den römischen Gewohnheiten aufgebaut war, kam deren Änderung einer Revolution gleich.31 Damit ist der politische Ton der Anklage unüberhörbar. Die Anklage zeigt also, dass die Missionare als Juden wahrgenommen wurden,32 da Juden und Christen von den Römern in Philippi noch nicht unterschieden werden konnten. Bei der Anklage hat die sich auf unterschiedliche Lebenspraxis gegründete judenfeindliche Stimmung der Kolonie sicher eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt.33 Dass die Juden tatsächlich öfter Tumulte verursacht haben, ist dem Leser aus dem Erzählverlauf schon bekannt,34 dass Christen 27 Richter Reimer, Frauen, 192-195. 28 Richter Reimer, Frauen, 196 meint, die Verkündigung fremder Sitten impliziere den Exorzismus. 29 Egger, Crucifixus, 131 sieht den politischen Inhalt der Anklage in der Verkündigung des Evangeliums im Namen eines „vom Machthaber Roms Gekreuzigtein]". 30 Pilhofer, Philippi, 191f. 31 Vgl. Unnik, Anklage, 383. Außerdem weist er auf einen Rechtsfall hin, der für die Erklärung dieser Szene relevant sei (ebd, 379-384): In Rom haben Juden 139 V. Chr. versucht, ihre Gewohnheiten offiziell einzuführen, weswegen sie von der Stadt ausgewiesen wurden. Der Fall in Philippi erscheine, wie der von Rom: Juden wollen ihre Gewohnheiten offiziell einführen. Deswegen erhalten sie die entsprechende Strafe, darunter auch die Ausweisung. Ob man dieses Rechtsfalls für die Erklärung der Anklage bedarf, kann offen bleiben. Pilhofer, Philippi, 192 meint, es genüge der Hinweis auf die Änderung des mos maiorum. Er findet die Lösung Unniks „viel zu kompliziert" (ebd.). 32 So auch Omerzu, Prozeß, 132; Wasserberg, Heil, 324f. 33 Das judenfeindliche Milieu in Philippi beschreibt Stegemann, Synagoge, 212-214. 34 Z. B. Apg 6,12; 13,50; vgl. Omerzu, Prozeß, 127.