Folia Theologica 18. (2007)
Imre Koncsik: Synergetische Hermeneutik - Grundlagen und Perspektiven
SYNERGETISCHE HERMENEUTIK 89 nese stabiler Zustände führen. Denn: "Bei reiterierenden Prozessen geht durch diese Reaktion die Ursache (potentialaufbauender Prozess oder generalisierter Antrieb) mit der Folge syntroper Entwicklungen (konsensualisierte Bewegungen, negentropische Evolution) dergestalt ineinander über, dass Resonanz, d.h. die einzige Ablaufmode, emergieren kann, die nach Norbert Wiener sowohl Energie als auch Information speichert."13 Resonanz entsteht aus einem automatisierten Mechanismus, der auf einem a priori gegebenen "Überschuss an Energie und Materie" beruht14: nach einer Überladung, in der Energie holistisch gespeichert, in die Grenzen der Einzelelemente limitiert und dadurch zurück gehalten wird, erfolgt quasi auf kollektiven Befehl die eruptive Entladung als Disinhibition, was nach energetischer Ermattung zu einer refraktären Phase präzipita- tiven Stopps führt, um den sic permanent steigernden Kreislauf des sukzessiven Beladens erneut zu initialisieren15. Dadurch wird ein angeregtes Strukturieren als selbstinteraktiver Prozess und oszillierend perpetuierendes Ablaufmuster im Unterschied zu ausgefällten und stabilisierten Strukturen in Gang gesetzt, um derart die Information über das "Neue" zu etablieren und stabilisierend zu internalisie- ren - um schließlich die entsprechende Informationsauswertung eines qualitativ differenten Levels durch Wissenschaftler zu ermöglichen, die entsprechende Beschreibungen und Perspektiven liefern. Doch wie erfolgt konkret die synergetische Abstimmung und Harmonisierung? Je nach Abbildungsebene eines zu beschreibenden Systems werden Differenzen der „Phase" und „Amplitude" zugunsten einer globalen Kohärenz eliminiert und die Freiheitsgrade eines Systems limitiert16. Der Antrieb dazu wird „von unten" generiert. Formalisiert bilden natürliche Differenzen eine unabdingbare 13 SCHMID-SCHÖNBEIN (Anm. ), 171 14 SCHMID-SCHÖNBEIN (Anm. ), 170 15 Vgl. SCHMID-SCHÖNBEIN (Anm. ), 134-140 16 Ein Kennzeichen von Biosytemen liegt darin, „dass sie die Zahl der aktuellen Freiheitsgrade bestehender Abläufe maximal einschränkt und sich daraus aber - als Ausdruck biologischer Adaptivität - die Zahl zeitlich aufeinanderfolgender, jedoch „streng diskretisierter“, sequentieller Freiheitsgrade auf ein Maximum erhöht“ (SCHMID-SCHÖNBEIN (Anm. ), 180) Daher sollten Biosysteme nicht durch Differentialgleichungen, sondern Differenzengleichungen beschrieben und bioskopisch modelliert anstatt nekroskopisch seziert werden.