Folia Theologica 17. (2006)
Ciril Sorč: Gott und das Leid bei Hans Urs von Balthasar
GOTT UND DAS LIED BEI H. U. VON BALTHASAR 209 das Geschehenlassen aller Schmerzen der Welt, sondern darüber hinaus die Teilnahme Gottes daran ... rechtfertigt" (TD III, 302).31 Mit Balthasar ist festzuhalten, dass man, weil Gott als Liebe den Unterschied des Anderen in sich trägt und „in der unbedingten Selbsthingabe jeder göttlichen Hypostase an die andern" (TD II 78) als Liebe waltet, freilich unter dem Gesetz der Analogie sagen kann, dass Trennung und Tod, freilich und nur im Modus der Liebe, in ihm einen Platz haben (vgl. TD IV 221L). Im Dienste der Erhaltung und gleichzeitig der Überwindung dieser Distanz im dreieinigen Gott und der Ökonomie der Erlösung ist die „Kenőse". Die Tatsache, dass der ewige Logos auf seine Gottheit Verzicht leisten und sich entäußern konnte (vgl. Phil 2,6-11), sieht Balthasar in einer innertrinitarischen „Ur-Kenose" in Gott selbst verankert. Die äußerste Hingabe, die am Kreuz geschichtlich sichtbar wird, hat eine Entsprechung im Wesen Gottes selbst, das als Liebe von Ewigkeit her äußerste Hingabe ist.32 Die Kenőse - der Schlüsselbegriff in Balthasars Soteriologie Das entscheidende Fundament der Theologie Balthasars, seiner Sicht auf die göttliche Trinität und auf das Erlösungsgeschehen in Jesus Christus, ein Schlüsselbegriff seiner Sicht auf diese Glaubensgeheimnisse ist „die Kenőse", die „Entäußerung". Er setzt ihn dort ein, wo er vom absoluten Anfang des Heilsgeschehens sprechen möchte, vom Ur-Beginn des Verhältnisses Gottes zum Nichtgöttlichen. Den Weg dorthin, in das Herz der göttlichen Trinität, sieht er darin, „sich von dem, was in der Kenőse Gottes in der Theologie des Bundes - und von dorther des Kreuzes - offenbar wird, zurückzutasten ins Geheimnis des Absoluten" (TD III 301).33 Eines ist für Balthasar klar: Die Kenőse bedeutet kein Gefahr für die „Göttlichkeit Gottes", sondern ist gerade dessen höchste Ausdruck und Verwirklichung! 31 Vgl. KRENSKI, Passio caritatis, 201. 32 Vgl. K. J. WALLNER, Gott als Eschaton. Trinitarische Dramatik als Voraussetzung göttlicher Universalität bei Hans Urs von Balthasar, 164-182.