Folia Theologica 16. (2005)
Imre Koncsik: Künstliche Intelligenz - was kann die Dogmatik zur Diskussion beitragen?
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ 87 ten bzw. erlebten „Qualia"25, das stete Wissen, Leben, Empfinden, Denken und Sich-Aufhai ten des Menschen im „Geistigen" als Reich des Intuitiven, Begrifflichen, Bildhaften etc. Solche zu ergänzenden Phänomene können als Indikatoren für den gegebenen Reduktionismus der neuronalen Methodik gewertet werden, deren „Maschenweite" xaicht dem Gegenstandsgebiet als dem zu beschreibenden mentalen Phänomen gerecht wird26. Zu den Grenzfällen neurowissenschaftlicher und ethologischer Forschung kann die dogmatische Theologie Erklärungshilfen anbieten, indem sie entsprechende mentale Qualitätsmerkmale benennt, als deren unmittelbare oder vermittelte Konsequenz die genannten Grenzoperationen des Gehirns erscheinen:- die Potenz zur Selbstdistanzierung „im ganzen"27: gemeint ist die Fähigkeit des menschlichen Geistes, sich von sich selbst zu distanzieren, was bereits in jedem Akt der, Selbstobjektiva- tion geschieht. Hier wird nicht ein „Teil" des Geistes einem anderen „Teil" gegenüber gesetzt, sondern der Geist „als ganzes" tritt in Differenz zu sich selbst „als ganzem"- damit ist eine weitere Haupteigenschaft des Geistes angesprochen, den die antike Philosophie mit seiner „Unteilbarkeit" beziffert hat: die mutative plastische Holistizität im Sinn der klassischen „definitiven Gegenwart", also der wirksamen Präsenz einer ganzheitlich wirkenden Gegebenheit in einem lokal präzisierten Bereich. Gemeint ist nicht nur das Gehirn und hier putativ die präfrontale Neokortex, sondern der gesamte Leib in seiner informativ bewerkstelligten Organisation28 25 Zusätzlich zu den in der gängigen Diskussion verhandelten Phänomenen siehe: BECK, H., Der Mensch als freier Automal? Zur kybernetischen Struktur von Materie und Geist. In: Kritik - Autorität — Dienst. Hrsg. v. St.-E. SZYD- ZIK. Bonn 1972. 198-210 26 Siehe etwa: EVANGELISCHE AKADEMIE ISERLOHN (Hg.), Das Gehirn und sein Ich? Beitrüge zur Reduktionismusproblematik am Beispiel Geist-Gehirn. Werkstattbericht des Arbeitskreises Naturwissenschaft u. Theologie, Evangelische Akademie Iserlohn, Iserlohn 1996 27 Vgl. Anm. 28 So der Hinweis biologischer Forschung, etwa bei HEISENBERG, M.. Das Gehirn des Menschen aus biologischer Sicht, in: MEIER. FL, PLOOG, D. (Hg.), Der Mensch und sein Gehirn. Die Folgen der Evolution, München 1997, 157-186