Folia Theologica 16. (2005)

Bronisław Wenanty Zubert: Die Bedeutung der Klausel "Si puella apparet cognita" in der Kanonistik des ausgehenden Mittelalters

DIE BEDEUTUNG DER KLAUSEL 235 hinzu, dass jegliche Druckausübung auf die Parteien (bzw. auf eine der Parteien) - unabhängig vom Alter der Betroffenen - die Un­gültigkeit der Ehe zur Folge hat10. Die Entscheidungen von Papst Alexander 111. wurden auch durch die Entscheidungen seiner Nachfolger bestätigt11. Eine be­sondere Bedeutung kommt in dieser Hinsicht den Dekretalen von Innozenz III. (1198-1216) zu. In seiner Dekretale Per tuns nobis vom 3. August 1198, gerichtet an Wilhelm, den Bischof von Otranto in Italien12, stellt der Papst im Kontext einer Erbrechtsentscheidung fest, dass der aktuelle Konsens (consensus de praesenti) bzw. das Ehe­versprechen (consensus de futuro - consensus per verba de futuro), die mit dem geschlechtlichen Verkehr einhergehen, einen zureichen­den Beweis der Eheschließung darbieten13. Nach Innozenz III. kann der Beischlaf allein keineswegs mit dem Zustandekommen einer Ehe gleichgesetzt werden, wenn mit voller Sicherheit behauptet werden kann, dass die in Frage kommende Person nie beabsichtigt hat, die Ehe eingehen zu wollen bzw. dass sie ihren Konsens nie er­teilt hat. Die Verweigerung der Zustimmung ist in diesem Falle ein gen der Geschichte des Kirchenrechts die übliche Identifizierung des Kanoni- sten Magister Roland mit Papst Alexander III. nicht aufrecht erhalten werden kann. 10 X 4. 2. 9: „De illis qui in minori aetate desponsantur [...] Respondemus, quod si ita fuerint aetati proximi, quod potuerint copula carnali coniungi, minoris aetatis intuitu ab invicem separari non debent, si unus in alium visus fuerit consensisse, quum in eis aetatem suppleuisse malitia videatur: Sed cuiusque sint aetatis, se possunt per illatam violentiam excusare, nisi post violentiam consensus accedaU. Eine identische Bedeutung kam dem Beischlaf bei der bedingten Eheschließung zu - ein Beweis dafür ist die Entscheidung von Alexander III., enthalten in X 4. 5. 3 (=Comp. 1 4. 2. 4). Sie ist eine sachbezo­gene Fortsetzung der Dekretale De Ulis, die an den Bischof von Palermo ge­richtet war (um 1180). Vgl. R. WEIGAND. Die bedingte Eheschließung im kanonischen Recht. I. T„ Die Entwicklumg der bedingten Eheschließung im kanonischen Recht. Ein Beitrag zur Geschichte der Kanonistik von Gratian bis Gregor IX., München 1963, S. 178-180. I I ZUBERT. Przeszkoda wieku do malzenstwa (s. Anm. 8), S. 87-91. 12 A. POTTHAST (Hg.), Regesta Pontificium Romanorum ab a. 1198 ad a. 1304 (im weiteren: Po.). Graz 1957. Nachdruck der Ausg. Berlin 1874. Bd. I. no 338, S. 32. 13 X 4. 17. 12: „[...] matrimonium [...] inter eos celebratum fuerat [...] sive de­sponsatio ipsa fuerit de praesenti, ut per consensum legitimum, per verba de praesenti expressum, copula matrimonii inter eos fuerit celebrata, sive per verba de futuro, carnali copula subsecuta“ (Hervorhebung vom Autor ).

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