Folia Theologica 16. (2005)
Imre Koncsik: Künstliche Intelligenz - was kann die Dogmatik zur Diskussion beitragen?
104 1. KONCSIK re. Der Geist hingegen wirkt dispositiv, aufladend und allgemein - nicht in jedem einzelnen konkreten Schritt - informativ. Ebenso wird die Software durch dieselbe Energie gespeist wie die Hardware, der Geist jedoch verfügt über eine autarke Energiequelle als seine ureigene Wirklichkeitsgrundlage, quasi als Selbstausweis seiner separierbaren Entität bzw. Seiendheit. Zudem ist die Software ein Epiphänomen an der Hardware, etwas Akzidentelles, der Geist jedoch eine emergente Entität: durch das schlichte Anschließen der Hardware an eine Energiequelle emergiert sicher keine Software - diese muss vorher, a priori programmiert werden. Der Geist jedoch kann nicht programmiert werden, weil er nicht determinativ dependent, sondern schöpferisch sich selbst gestaltend und sogar selbst „seiend" ist. Eine weitere Differenz bezieht sich auf die Operationsweise der Software: sie besitzt wie die o. g. Melodie keinen Eigenstand „neben" der CD bzw. der Hardware, sondern verfährt durch determiniertes Rechnen, also algorithmisch. Der Geist hingegen operiert autonom, selbstständig, spontan, frei, ganzheitlich und via holi- stisch gerichteter Intuitionen67. Ein weiteres Argument gegen die Kl-These ist das „chinesische Zimmer" von Searle68: wenn jemand, der kein chinesisch spricht, mit einer hypothetisch vollständigen Regelanweisung in ein Zimmer gesetzt wird, um eintreffende auf chinesisch formulierte Anfragen zu bearbeiten, dann würde er sogar im Fall von richtigen Antworten - in korrektem Chinesisch (!) - selbst noch lange kein Chinesisch verstehen. Der Geist jedoch besitzt ein intuitives Verständnis und agiert mit der Methode der Intuition, ein Programm jedoch nicht. Weiter besitzt der Geist ein Selbstbewusstsein, er trifft Aussagen in der „lch-Form" u. ä.: Anzeige dafür ist etwa, das seine Repräsentation externer Gegebenheiten unableitbar, nicht restlos verob- jektivierbar und individuell ist; bei der Software jedoch ist eine 67 Das unterstreicht besonders PENROSE. R., Das Große, das Kleine und der menschliche Geist, Heidelberg u.a. 1998. bes. 121-177 68 SEARLE, J., Die wissenschaftliche Erforschung des Bewusstseins, in: MEIER, H. u.a. (Hgg.), Der Mensch und sein Gehirn. Die Folgen der Evolution, München 19979-34. Vgl. Mind and brain. Readings from Scientific American magazine, New York, 1993