Folia Theologica 14. (2003)

Zoltán Rokay: Der Prädestinationsstreit des 9. jh-s und die Gnadenfrage

158 Z. ROKAY welche Augustinus fordert, da sie weder weniger noch mehr bein­haltet als das definiendum.82 Die Behauptung Gottschalks von der Zahl der Prädestinierten, der Einteilung der Geschöpfe in Prädestinierte und Nichtprädesti- nierte löst Eriugena mit der „inquisitio per tetragonum" auf: jedermann ist entweder prädestiniert oder nicht; wenn es wahr ist, daß jeder Gerechte prädestiniert ist, so ist es nicht wahr, daß jeder Gerechte nicht prädestiniert ist. Ebenso: wenn es wahr ist, daß jeder Böse nicht prädestiniert ist, so ist es nicht wahr, daß jeder Böse prädestiniert ist. Die zwei universal affirmativen Urteile entsprechen einander; ebenso entsprechen auch die universalen negativen Urteile.83 Um den Unterschied zwischen der Prädestination zur Sünde und der Prädestination zur Strafe zu illustrieren, führt Eriugena das Beispiel des Staates an: „Der Staat ordnet nämlich nie an, daß die Menschen sündigen, aber er ordnet an, daß man die Schuldigen durch maßgebliche Strafe zurechtweist. Und wenn es so bewandt ist mit den veränderlichen Gesetzen, was ist von denjenigen Geset­zen zu halten, die man bezüglich der Frömmigkeit mit unabänderli­cher Geltung bestimmt hat84. Er beruft sich wiederum auf Augusti­nus und sagt, die Substanz kann nicht böse sein. Konsequenterwei­se konnte auch der Baum in Eden nicht böse sein, sondern nur die Übertretung des göttlichen Gebotes."85 Bezüglich der Strafe geht Eriugena auch auf die Eigenart des Feuers ein. Bei Augustinus ist es leiblicher, bei Gregorius nicht leib­licher Natur. Ursprünglich ist es keine Strafe und ist auch nicht dazu bestimmt, Strafe zu sein, sondern das, dessen Bestimmung 82 „Definitio nihil minus, nihil amplius continet, quam id quod susceptum est explicandum; aliter omnino vitiosa est.” (ebd. - Hinweis auf De quantitate animae-re) 83 ebd. 412 84 „Numquam enim respublica homines decrevit peccare; decrevit autem reos justa poena corrigere. Quod si ita est in legibus mutabilitate temporum transi­toriis, quid putandum fieri in aeternis pietatis justitiaeque immutabili vigore refertis?” (ebd. 412) 85 „Non ergo arbor illa malum est, quae in medio paradiso (al. paradisi) plantata /esse/ scribitur, sed divini praecepti transgressio ... Facere ... et pati non sub­stantia est. Quapropter substantia non est malum.” (ebd. 421)

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