Folia Theologica 11. (2000)

Ferenc Beran: Grundentscheidung und Todsünde

GRUNDENTSCHEIDUNG UND TODSÜNDE 95 2. Die Todsünde durch eine Einzeltat Nach der traditionellen Lehre der Kirche kann man Todsünde nicht nur durch Abwendung vom Gott, sondern auch durch eine Einzeltat be­gehen. Solche sind z. B: Ehebruch, Mord und Fluch an den Eltern. Nach der Enzyklika Veritatis splendor ist der Grund dafür: „Tatsächlich ist ja in einer solchen Entscheidung bereits eine Miss­achtung des göttlichen Gebotes enthalten, eine Zurückweisung der Liebe Gottes zur Menscheit und zur ganzen Schöpfung: Der Mensch entfernt sich so von Gott und verliert die Liebe. Die Grundorientierung kann also durch konkrete Einzelhandlungen völlig umgeworfen werden.”5 Es wird in der Enzyklika anerkannt, dass es solche psychologishen Aspekte geben kann, die auf die Tat des Menschen Einfluss haben, was aber, „objektiv bewertet”, an der Tatsache der Todsünde nichts ändert. Die Feststellung der Enzyklika steht mit der Dogma des Tridentinums in Einklang: „Si quis dixerit, nullum esse mortale peccatum nisi in infi­delitas, aut nullo alio quantumvis gravi et enormi praeterquam infidelita­tis peccato semel acceptam gratiam amitti: anathema sit” (Wenn jemand sagt, dass nur Unglaube Todsünde ist und die einmal bekommene Gnade, auch nicht durch eine schwere und ungeheuerliche Sünde verloren wer­den kann, sei ausgeschlossen).6 III. Einige theologische Auslegungen zu diesem Thema Nach dem Entwurf des Problems und der Darstellung der Offiziellen Lehre der Kirche, möchten wir zu diesem Thema einige theologische Auslegungen machen. Mit diesen Auslegungen wollen wir unsere Gedan­ken vertiefen und die Pastoral unterstützen. 1. Anwendungsgebiete des Begriffes der Grundentscheidung Bis jetzt sprachen wir über den Begriff der „Grundentscheidung” nur aus negativem Aspekt her, das heisst, vom Standpunkt der Sünde aus. Aber aus Literatur erfahren wir, dass die Fachleute, den Begriff der Grundentscheidung, in vielen verschiedenen Gebieten der Philosophie und Theologie anwenden können. Wir möchten jetzt einige von diesen Gebieten vorführen. 5 JOHANNES PAULUS II, Veritatis splendor Enzyklika 70, Sekretariat der Deutschen Bischofkonferenz, 1995. S. 69. 6 DS 1577

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