Folia Theologica 11. (2000)
Peter Henrici: Die Enzyklika zum dritten Jahrtausend. Fides et ratio
DIE ENZYKLIKA ZUM DRITTEN JAHRTAUSEND 7 te, „diskutierten mit ihm, und manche sagten: Was will dieser Schwätzer? Andere aber: Er scheint ein Verkünder fremder Gottheiten zu sein. Er verkündete nämlich das Evangelium von Jesus und von der Anastasis. Sie nahmen ihn mit, führten ihn zum Areopag und fragten: Können wir erfahren, was das für eine Lehre ist, die du vorträgst? Du bringst uns recht befremdliche Dinge zu Gehör” (Apg. 17,18-20). Paulus geht auf ihre Fragen ein - und damit beginnt unser Drama. Paulus erklärt diesen Griechen die christliche Botschaft nicht nur in philosophischer Sprache und mit zahlreichen Anspielungen an gängige philosophische Formeln. Er tut noch mehr: Er untermauert die Glaubwürdigkeit seiner Botschaft mit philosophischen Argumenten.1 2 Er zeigt damit einerseits, dass die Suche nach Gott zur Natur des Menschen gehört, ja für ihn unentbehrlich ist. Andererseits aber braucht Paulus die Philosophie, um die Gottsuche des Menschen von allen heidnischen, kultischmythischen Vorstellungen zu reinigen. Er macht sich erstaunlicherweise gerade die philosophische Kritik an der überlieferten griechischen Religion zu eigen. Denn der Götzendienst ist, wie es im Römerbrief heisst, eine fast unvermeidliche, fast „naturgegebene” Versuchung des Menschen (Röm.1,21 ff), eine Versuchung, die jedoch mit philosophischen Überlegungen überwunden werden kann und muss. Denn der Götzendienst ist nichts anderes als die missbrauchte Gottsuche des Menschen, missbraucht, weil der Mensch den angeblich gefundenen Gott für seine eigenen Zwecke in Beschlag nimmt. Gegen diesen Missbrauch hat sich nun von Anfang an die philosophische Kritik an der griechisch-mythischen und damit an jeder bloss natürlichen Religion gewendet. Darum ist, paradoxerweise, der Gott der Philosophen zum Anknüpfungspunkt für die Verkündigung des Evangeliums geworden, und nicht die Götter des griechischen Pantheons. Von da aus ergab sich nun das, was den Inhalt des ersten Akts unseres Dramas und, grosso modo, den Inhalt des ersten christlichen Jahrtausends bildete: die Entstehung der christlichen Theologie aus der Begegnung der biblischen Offenbarung mit den denkerischen Errungenschaften der griechischen Philosophie, namentlich des Platonismus. Es ist die grosse Zeit der Kirchenväter, die die Enzyklika recht breit darstellt - der Papst nennt Origenes, Justin, Klemens von Alexandrien, die Kappado1 Vgl. den Kommentar Von ALBERT VANHOYE in : L’Osservatore Romano, 4. November 1998, S. 1 und 4. 2 Vgl. dazu auch JOSEF RATZINGER, Einführung in das Christentum, München 1968, S. 103-108.