Folia Theologica 11. (2000)

Imre Koncsik: Ist Theologie überhaupt eine Wissenschaft? - Ein Dialog mit Gustav Siewerth

74 I. KONCSIK der möglichen Einheit der Wirklichkeit zur wirklichen Einheit in Jesus Christus, den sie analog immer neu erschließt. Die für das Zustandekommen der Wissenschaft zu fordernde Wirklichkeitskon­formität wird durch die geoffenbarte und realisierte Einheit von Schöpfer und Geschöpf in Jesus Christus begründet, insofern sie die Einheit von Erkennendem und Erkanntem bedeutet. Damit erfolgt theologisch die Angabe der Wirklichkeit der Einheit, also ihre transbegriffliche und transmetaphysische Verifikation und Überhöhung bzw. Vertiefung. Warum ist sie real und keine Projektion? - Weil sie der von Siewerth erarbeiteten ontologischen Priorität der Wirklichkeit vor der formalen Kategorie der analogen Einheit der Identität und Differenz entspricht! Eine wirkliche Einheit ist mehr als eine gedachte Einheit. Eine nur gedachte oder rational postulierte Einheit aller Wirklichkeit existiert einfach nicht. Zu ihr kommt nicht nur die Angabe der Existenz hinzu. Das entspräche folgen­der Behauptung: eine Einheit, die exisitiert, weist nur den Unterschied der Exi­stenz auf zu einer Einheit, die nur gedacht ist. Vielmehr wird die Einheit in ihrer Analogie umfassend spezifiziert. Insofern die Offenbarung in Jesus die gesamte und ultimative Einheit von Schöpfer und Geschöpf aufdeckt, betrifft die in ihr enthaltene Information, also der Offenbarungsgehalt, die Analogie der Einheit selbst. Die Analogie der Einheit wird überhöht bzw. vertieft auf die konkrete An­gabe des Ana-logos: der Logos (=Jesus) wird zum universalen Maßstab und in- tegrativen Bezugsrahmen jeder weiteren ontologischen und wissenschaftstheore­tischen Bestimmung von beliebigen Einheiten. 98 2.2. Die trinitarische Fundierung der Einigungseinheit In der Begründungskette der Einheit der Wirklichkeit, die den Maß­grund jeder Wissenschaft bildet, kann fortgeschritten werden: Jesus Chri­stus gibt konkrete Auskunft über die schöpferische Existenz und das per­sonale Verhalten des Schöpfers in Wort und Tat gegenüber seinen Ge­schöpfen. Er ist keine singuläre Monade oder punktuelle Identität, noch eine dialektisch der Schöpfung entgegengesetzte oder mit ihr vermischte Wirklichkeit, sondern eine dynamische Einigungseinheit der Identität und Differenz dreier Personen, die sich in der Schöpfung analog abbil­det: sie stiftet Möglichkeit und Wirklichkeit der Einheit für nicht-göttlich Seiende. Weil die Einigungseinheit analogielos und analogiehaft in Gott grundgelegt ist", kann sie sich in Jesus als Einheit von Schöpfer und 98 99 98 Vgl. zur ontologischen Einordnung der Trinität bes. Schulz, Sein und Trinität! 99 Analogielos und analogiehaft ist die trinitarische Einheit, weil sie den Ziel-

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