Folia Theologica 11. (2000)

Imre Koncsik: Ist Theologie überhaupt eine Wissenschaft? - Ein Dialog mit Gustav Siewerth

64 I. KONCSIK und Differenz des Seins mit den Seienden gäbe es kein geschaffenes Sein. Also: ohne die Einheit von Schöpfer und Geschöpf hinsichtlich ih­res Seins gäbe es keine Schöpfung. Daher ist das Sein reine Vermitt­lung59 und analoge transzendierende Verweisung60. Doch was wird ver­mittelt? - Die Einheit des Geschöpfes mit dem Schöpfer kraft der Er­mächtigung des Geschöpfes zum Schöpfersein, also kraft seiner Freiheit und seines Selbstandes. Das Geschöpf ist jenseits seiner Geschaffenheit ungeschaffen61, weil die Pri­märintention des Schöpfers auf die analoge Realisierung seines Schöpferseins im Schöpfersein der Geschöpfe geht62. Gott will sein Schöpfersein offenbaren und es dem Geschöpf ermöglichen, seine Einheit mit dem Schöpfer selbstursprünglich durch dynamische Einigung zu verwirklichen. 1.3. Analoge Einheit der Identität und Differenz der Wirklichkeit Die ontologische Grundstruktur des Seins, die angedeutet wurde, kann forma­lisiert werden: ein Seiendes ist, insofern es ist, einheitlich. Die Einheit des Sei­enden ist Folge seines Seins63. Das Seiende weist jedoch Differenzen zu anderen Seienden auf, die als Modus einer übergeordneten Einheit auftreten64. Ohne die Einheit der Identität und Differenz mit sich und den anderen könnte es kein Sei­endes geben65. Auch die Einheit aller Seienden weist eine Einheit der Identität und Differenz zum Schöpfer auf, da sie selbst nicht vereinheitlicht ist noch durch die Seienden vereinheitlicht werden kann - das Sein kann weder durch das Sei­ende vollständig realisiert werden noch nur in Gott gründen, was sein Wesen als Vermittlung der Schöpfung verfehlen würde. 59 Ebd., S. 81; Sein als Gleichnis (1958), S. 44. 60 Ders.: Auseinandersetzung (1979), S. 36; Abstraktion (1958), S. 80; Schick­sal (1959), S. 132; Freiheit (1959), S. 54; Sprache (1963), S. 109; Grundfra­gen (1963), S. 243, 253-254; Analogie (1965), S. 40, 43. 61 Ders.: Thomismus (1961), S. 85. 62 Ebd., S. 112. 140. Nach ebd. 169 gilt daher: „Was von Gott erscheint, ist ur­sprünglich der Durchblick durch das Nicht-erwirkte des Erwirktseins in die reine Positivität sowohl des Wirkens oder des Wirklichens wie seines Wirk­lichseins.” 63 Ebd., S. 105. 64 Ders.: Gott (1971), S. 113; Sein als Gleichnis (1958), S. 32. 65 Die Kategorie der analogen Einheit der Identität und Differenz der Wirklich­keit setzt Siewerth zwar voraus, jedoch ohne sie jemals systematisch zu er­fassen. Bei ihm ist das Sein der inhaltliche Grund der analogen Einheit. Die formale Kategorie der Einheit muß auf die inhaltliche des Seins zurückge­führt werden.

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