Folia Theologica 11. (2000)
Peter Henrici: Die Enzyklika zum dritten Jahrtausend. Fides et ratio
DIE ENZYKLIKA ZUM DRITTEN JAHRTAUSEND 13 amts wird insofern begreiflich, als es sich nur an Adressaten wenden konnte, die das Lehramt auch anerkannten. Diese methodologische Einengung machte nun aber das neunzehnte und zwanzigste Jahrhundert zu einem retardierenden Moment in der Auseinandersetzung zwischen Kirche und moderner Welt. Verurteilungen waren häufiger als weiterführender Dialog. Die Enzyklika zählt in nr. 52 und 54 eine lange Reihe von philosophischen Lehrverurteilungen auf: von der Verurteilung von Bautain und Bonetty, über Günther, den Onto- logismus und den Modernismus bis zur Instruktion Libertatis nuntius von 1984 gegen „eine unkritische Übernahme von aus dem Marxismus stammenden Auffassungen und Methoden durch einige Befreiungstheologen” (nr. 54). Bemerkenswerterweise (und von den Kommentatoren seltsamerweise unbemerkt) fehlt in dieser Aufzählung die Verurteilung einiger Sätze Rosminis - eine stillschweigende Rehabilitierung dieses grossen Dialogpartners der Neuzeit. Andere Dialogpartner werden etwas später erwähnt. Neben den Erneuerern des Thomismus aus dem Geist des neuzeitlichen Denkens, wie Jacques Maritain, Étienne Gilson und Edith Stein nennt der Papst ausdrücklich John Henry Newman und den schon genannten Antonio Rosmini, „neben denen noch andere Namen stehen könnten”. Er rühmt ihre „mutige Forschung”, in der sich „die fruchtbare Beziehung zwischen der Philosophie und dem Wort Gottes” niederschlägt” (nr. 74). Gemäss seiner Auffassung von den „zwei Lungen” der Kirche fügt der Papst auch einige Namen slavischer Denker zu den eben genannten hinzu: Vladimir S. Solov’ev Pavel A. Florenskij, Petr J. Tschaadaev und Vladimir N. Lossky (ebd.). Und doch: so illuster diese Namen auch sind, man wird schwerlich sagen können, dass sie das geistige Gesicht unserer Welt am Ende dieses zweiten Jahrtausends prägen. Auch die Dogmatische Konstitution Dei Filius des 1. Vatikanischen Konzils, der bisher höchstrangige Text des Lehramts über Glaube und Vernunft, den Fides et Ratio denn auch an sechsmal zitiert (nr. 8-9, nr. 13 Anm.15, nr. 53, nr. 55 Anm. 72, nr. 63 Anm.102, nr.100 Anm.122), vermochte den abgebrochenen Dialog der katholischen Theologie mit der zeitgenössischen Philosophie nicht wieder in Gang zu bringen. Kirchenpolitisch gesehen legte das I. Vatikanum vielmehr eine Art von „gentlemens agreement” vor, das die wechselseitige Autonomie beider Zweige des menschlichen Wissens als „duplex cognitionis ordo” festschreibt, nicht ohne dabei auch auf die notwendige gegenseitige Hilfestellung von