Folia Theologica 9. (1998)
Karl-Josef Rauber: Mit der Kirche in die Zukunft unter der Führung des heiligen Geistes
8 K.-J. RÄUBER zusammenfassen: 1. Das verdunkelte Amt. 2. Die ausgehöhlte Autorität. 3. Die Randkirchlichkeit und 4. Der wankende Glaube. Ich möchte hier schon gleich vorausbemerken, daß ich Ihre Zeit nicht für eine eingehende Analyse der heutigen Situation beanspruchen möchte, die Sie ja selbst weitgehend kennen. Zudem gibt es Differenzierungen in den einzelnen Ländern, deren Berücksichtigung den Rahmen dieses Vortrages weit übersteigen würde. 1. Problemkreis: Das verdunkelte Amt. Mir scheint dieser Ausdruck, der von Frans Harsma, bis vor einiger Zeit Professor für Pastoral an der Universität Nijmwegen, stammt, die heutige Situation insofern richtig wiederzugeben, als das kirchliche Amt zwar nach wie vor weiterbesteht, aber doch an Ausstrahlung erheblich eingebüßt hat. Dazu haben einerseits die Diskussionen um Zölibat und Frauenordination, andererseits die Infragestellung des institutioneilen Amtes als solchem beigetragen. Durch ihre Schriften immer noch einflußreiche Theologen wie Hans Küng und Heribert Haag stellen zum Beispiel die Einsetzung eines Amtspriestertums infrage und reduzieren es auf den allen Gläubigen durch das allgemeine Priestertum gegebenen Auftrag. Hinzukommt, daß der Priestermangel, der auf verschiedene Faktoren wie geschichtliche Gegebenheiten, Zerfall der christlichen Familien, Rückgang der Kinderzahl, Bindungsschwäche der heutigen Jugend, mangelnde Ausstrahlung des priesterlichen Amtes usw. zurückzuführen ist, große Nöte in den Pfarreien schafft, die Amtsträger in ihren Aufgaben verunsichert, überfordert oder vereinseitigt und auch andere Dienste in eine auf ihre Zukunft hin unklare Lage versetzt. Bei allen Schwierigkeiten, die keineswegs geleugnet oder minimali siert werden dürfen, darf die Situation, in der sich weite Teile der Kirche heute befindend nicht nur vom Mangel oder von den negativen Faktoren her begriffen werden, sondern muß als echte Herausforderung gesehen werden, als eine Chance — so paradox es klingen mag — die uns vom Heiligen Geist, der ja immer die Kirche Gottes begleitet, gegeben ist, um uns neu zu orientieren. Bereits das Zweite Vatikanische Konzil hat im Dekret über Amt und Leben der Priester neue Akzente gesetzt, indem es neben der kultischen und liturgischen Bedeutung des priesterlichen Amtes auch seinen prophetischen und pastoralen Dienstcharakter besonders hervorhebt. Das amtliche Priestertum ist das sakramental hervorgehobene Zeichen für das, was inhaltlich allen Gläubigen gemeinsam zukommt, nämlich die Vergegenwärtigung des Heilsdienstes Jesu Christi in unserer Welt. Dieser allgemeinen Sendung zu dienen, sie auch struk