Folia Theologica 9. (1998)

Péter Erdő: Die Reliquienverehrung im Kirchenrecht

84 P. ERDŐ Gedenktag (den Jahrestag des Todes, dies natalis) gefeiert. So wurde das Grab der Heiligen Stätte der kultischen und der privaten Verehrung2. Der Reliquienkult hat im vierten Jahrhundert angefangen, als neu entstan­denen Kirchen überall Reliquien verlangt haben. Zu dieser Zeit hat man die Überreste von manchen Märtyrern wieder aufgefunden, so z.B. die­jenigen der heiligen Gervasius und Protasius in Mailand im Jahre 386. Die Aufteilung des Körpers der Heiligen hat sich erst in Osten verbreitet, während die westliche Kirche diese Übung ziemlich lange abgewiesen hat3. Seit der Mitte des achten Jahrhunderts haben die Päpste die Körper von Heiligen vielen Kirchen des Fränkischen Reichs zugesandt. Seit dem zehnten Jahrhundert hat man die Körper der Heiligen auch in Rom aufgeteilt4. Der wahre liturgische Kult der Reliquien beginnt im sechsten Jahr­hundert mit der Verbreitung der Gewohnheit die Reliquien ins Altar (oder im Osten ins Antimension) einzulegen. Die wichtigsten Formen der liturgischen Reliquienverehrung waren die Anzündung von Lichter vor den Reliquien, die Inzensierung mit Weihrauch, die vigilia, die Prozes­sionen, der Kuß und der Segen mit der Reliquie, die aber erst auf das zwölfte Jahrhundert zurückgeht. Die kirchliche Regelung versuchte im Mittelalter, die immer wieder zurückkehrenden Mißbräuche zu verhindern. Reliquiendiebstahl wurde mit Exkommunikation bestraft, der Handel war verboten ebenso wie die Translation ohne Erlaubnis der Bischöfe, des Fürsten oder der Synode5. Das IV. Laterankonzil (1215) hat sogar verboten, daß Reliquien ohne Re­liquienhalter gezeigt werden. Die Echtheit der Reliquien wurde in den verschiedenen Epochen unterschiedlich bewiesen. Im christlichen Alter­tum hat man sich mit wenigen Zeichen begnügt. Für die Verehrung kon­nte z. B. eine Inschrift auf der Grabplatte genügen. Seit der Verbreitung der Sitte der Translation von Reliquien hat man ein schriftliches Zeugnis verlangt. Der Codex Iuris Canonici von 1917 hat ausdrücklich vor­geschrieben, daß nur solche Reliquien in den Kirchen durch öffentlichen Kult verehrt werden dürfen, deren Echtheit von einem Kardinal, einem Ortsordinarius oder einer anderen durch apostolisches Indult bevoll­2 Vgl. Mart. Polyc. 18, 1; P. RADÓ, Enchiridion liturgicum, I, Romae ­Friburgi Brisg. - Barcinone 1966, 458; B. KÖTTING, Reliquien. III. Litur­gisch, in Lexikon für Theologie und Kirche, 2. Aufl., VIII, Freiburg Br. 1963, 1218. 3 Vgl. z. B. S. Greg. Magn.: Ep. registr. IV, 30 (PL 77, 702); RADÓ 458. 4 RADÓ 458. 5 Cone. Mogunt. 813, c. 51.

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