Folia Theologica 7. (1996)

Anton Strukelj: Von der Sitzenden zur knienden Theologia

24 Anton STRUKELJ nete Tür zur Mystik entschlossen aufstossen. “Trotzdem haben sich die beiden Pfeiler, auf denen diese Wölbung ruht, zu weit auseinander ent­wickelt, als dass die Kuppel noch sicher aufgesetzt werden konnte”14. So entwickelt sich die Neuscholastik der Gegenreformation zum “klassi­schen Zeitalter der Diastase zwischen theoretischer und affektiver Theologie”15. Währenddem die “wissenschaftliche” Theologie immer “gebetsfremder und damit unerfahrener im Ton, mit dem man über das Heilige reden soll”, wird, verfällt “die ’erbauliche’ Theologie durch zu­nehmende Inhaltslosigkeit nicht selten falscher Salbung”16. Theoretische Theologie erschöpft sich in einem trockenen, vom Gegenstand nicht mehr gerechtfertigten und getragenen Distinguiren; spirituelle Theologie wird nicht mehr vom Zentrum der Offanbarung gespeist.17 So begann sich neben der Dogmatik eine neue Wissenschaft vom “christlichen Leben” aufzutun. Fortan findet man die Heiligen in der mit­telalterlichen Mystik und in devotio moderna. Die späteren Kirchenlehrer sind keine Dogmatiker mehr: sie haben die Mitte ihrer Lebendigkeit nicht in der Dogmatik18. Die Verzweigung des kirchlichen Denkens teilt Dogmatik einerseits, und Askese und Mystik anderseits. Besonders in der Mystik ist dieser Vorgang sichtbar. “Bei den Alten schmiegt sicht die ganze persönliche Erfahrung immer sogleich in ein dogmatisches Ge­wand: alles wird ins Objektive gewendet, die subjektiven Zustände, Er­fahrungen, Erschütterungen und Bemühungen sind nur dazu da, den sachlichen Inhalt der Offenbarung tiefer und reicher zu erfassen, zu orchestrieren. Jede Spiritualität, jede Mystik behält einen dienenden Charakter. Sie ist, wie die ganze Heiligkeit überhaupt, vor allem ein kirchlicher Auftrag”19. In der spanischen Mystik vor allem wird der subjektive Zustand ins Zentrum gelegt. Mit dieser Akzentverlegung auf die eigene innere Erfah­rung gerät die Dogmatik in den Hintergrund. So sind allmählich beide Bereiche disparat geworden. Deswegen werden die Heiligen und Spiritu­ellen von den Dogmatikern praktisch immer mehr ignoriert. “Die Heili­gen, eingeschüchtert vom Stacheldraht der Begrifflichkeit, der um 14 Ebd.,32. 15 Ebd. 16 Theologie und Heiligkeit, in VC, 224. 17 Einfaltungen, 32. 18 Vgl. Theologie und Heiligkeit, in VC, 202. 19 Ebd., 205.

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