Folia Theologica 6. (1995)

Bruno Primetshofer: Die Fähigkeit zum Ehekonsens nach Kanonischem Recht

8 B. PRIMETSHOFER der Wurzel gewährt wurde. Die für das Wirksamwerden des gültigen Konsenses bislang bestehende Barriere wird beseitigt. Was den uns interessierenden Bereich, nämlich die rechtliche Fähig­keit zur Abgabe eines Ehekonsenses betrifft, so ist (wie schon angedeu­tet) eine zweifache Frage zu stellen: 1) Wer ist im Sinne des kanonischen Rechts fähig, einen auf den vorgezeichneten Inhalt abgestellten Konsens zu leisten, d.h. wer ist konsensfähig; 2) wessen Konsens wird aufgrund bestimmter mit der Abgabe der ehelichen Willenserklärung in Zusam­menhang stehender Umstände als geeignet erklärt, den angestrebten Erfolg, nämlich die gültige Ehe, zu erreichen, d.h. also, wessen Konsens ist wirksam. Ein im Sinne der kanonischen Rechtsordnung in seinem Wesenskern gültiger Konsens liegt dann vor, wenn die Ehewerber in der Lage sind, den vorgezeichneten Konsensinhalt, das Objekt des Konsenses, nämlich die Ehe, als „totius vitae consortium” (vgl. c. 1055 § 1) mit dem gefor­derten Maß kritisch wägenden, wertenden Erkennens zu erfassen und ihr Wollen darauf auszurichten. Ob dieser Konsens auch wirksam wird, hängt noch von zusätzlichem Erfordernissen ab. 3) Rechtliche Einordnung Unter dem Begriff „Konsensmängel” werden nicht selten verschie­denste im Zusammenhang mit der Abgabe der ehelichen Willenserklä­rung aufscheinende Fehler bezeichnet. So nicht nur die in c. 1095 (c. 828 CCEO) angesprochene „incapacitas”, sondern auch die übrigen „Kon­sensdefekte”, wie z.B. Fehlen des nötigen Mindestwissens, Furcht, Zwang, Bedingung, Simulation usw.7. Richtigerweise müßte man aller­dings im Bereich dieser „Konsensmängel” unterscheiden zwischen einer Unfähigkeit zur Leistung eines den wesentlichen Inhalt der Ehe erfassen­den Konsenses (Konsensunfähigkeit) und den auf verschiedenen Fakto­ren beruhenden Konsensdefekten. Inwieweit bei letzteren noch näher dif­ferenziert werden muß, kann hier dahingestellt bleiben, da sich unsere 7 Vgl. H. HEIMERL - H. FREE, Kirchenrecht. Allgemeine Normen und Eherecht, Wien-New-York 1983, 216-220. J. PRADER, Das kirchliche Eherecht in der seelsorglichen Praxis, Bozen 1983, 98-101., DERS., 11 matrimonio in Oriente e Occidente, Roma 1992, 145-147.

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