Folia Theologica 6. (1995)

Gábor Adriányi: Warum und wie verließ Kardinalprimas József Mindszenty 1971 die amerikanische Botschaft zu Budapest?

76 G. ADRIÁNYI Friedenspriester Unruhe gestiftet” und verkündet „es gäbe nur eine einzige schlimme Sache auf der Welt: Mindszenty”10. Kardinal König er­kannte in diesem Zusammenhang diese Verhaltensweise als einen Fehler an und charakterisierte den damaligen Vorsitzenden der Ungarischen Bi­schofskonferenz, Endre Hamvas, als einen ängstlichen Mann. Mindszen­ty führte aus, es sei ein fataler Fehler, daß die Regierung „Kádár-Dobi in kirchlichen Angelegenheit über dem Papst ist, während die Bischöfe darüber schweigen bzw. zuhause mit Kádár das Lied singen: [die Lage der Kirche ist] korrekt, normal”11. Danach bekundete Kardinal König, der Hl. Vater wünsche, daß Mindszenty nach Rom komme. Er betonte: „Seine Heiligkeit denkt nicht an einen Verzicht, auch ist es nicht nötig, den Gehorsam zu demonstrie­ren, seine Heiligkeit respektiert die Entscheidung”12. Doch ließ der Besu­cher keinen Zweifel darüber, daß der Papst die Priorität dem Verlassen des Landes gibt. Mindszenty antwortete klug und diplomatisch. Er sagte, das Verbleiben oder Verlassen des Landes sei ihm indifferent. Er sei bereit, auch ins Ausland zu gehen, um „seinen Gehorsam zu zeigen, doch nur als Primas, denn unter den gegebenen Verhältnissen schulde er auch seiner Nation Treue”. Einen neuen Prozeß oder seine Rehabilitierung wünsche er nicht, doch sei er auch nicht dagegen. Wenn jedoch seine An­gelegenheit erneut zur Prozeßverhandlung komme, so solle dies nicht nur in seiner eigenen, sondern auch in der Sache der anderen Bischöfe ge­schehen13. In den nächsten Monaten erhielt Mindszenty keine Nachrichten aus Rom. Papst Johannes XXIII. empfing aber am 9. Oktober 1962 die drei ungarischen Oberhirten, die zum II. Vatikanischen Konzil nach Rom kamen, die Bischöfe von Csanád und Steinamanger, Endre Hamvas und Sándor Kovács, sowie den Apostolischen Administrator von Erlau, Pál Brezanóczy14. Während die anderen ungarischen Bischöfe zuhause bleiben mußten, kamen die drei mit staatlichem Auftrag. Dieser lautete: 10 Ebd. 11 Ebd. 12 Ebd. 13 Ebd. 14 SAÁD, Béla, A zsinat budapesti szemmel (Das Konzil aus ungarischer Sicht) Budapest, 1967. S. 70-71.

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