Folia Theologica 3. (1992)

László Boda: Menschliche Vorurteile und deren Überwindungsmöglichkeit

92 L. BODA Erste Frage: Kann die Erkenntnis der menschlichen Vorurteile wissenschaftlich begründet werden? Die Antwort ist einfach kategorisierbar, beachtend die positive Rolle, die teilweise positive, teilweise negative Rolle und die negative Rolle der Vorurteile. a) Die überwiegend positive Rolle der menschlichen Vorurteile wird in Gadamers Hermeneutik erklärt2. Seine Theorie bezieht sich auf die Er­kenntnismöglichkeit der historischen Vergangenheit, wenn die Basis der Erkenntnis in verschiedenen Schriften objektiviert ist (z. B. Jesus und die Evangelien). Die Iniziative kommt von Heidegger, der über die „Vor­kenntnisse”, über den „Entwurf’ spricht, der notwendig ist, um eine geschichtliche Persönlichkeit zu erkennen. Das ist das, was bei Gadamer als ein „positives Vorurteil” akzeptiert wird. Das bedeutet, daß der Inter­pret eine innere Vorstellung, also besondere Vorkenntnisse in sich trägt, wenn er zum Beispiel eine Jesus-Biographie schreiben will. Das Wesen dieser hermeneutischen Idee ist schon im alten Slogen beinhaltet: „Nihil volitum, nisi prius cognitum”, d. h. man will das, was man irgendwie kennt. Dieser „präformierte Urteilstyp” wird zu einem Vorurteil (im ne­gativen Sinne) nur dann, wenn der Interpret — unabhängig von der geschichtlichen Realität — um jeden Preis seine antizipierten Vorstellun­gen einer historischen Persönlichkeit aufzuzwingen versucht (wie es bei den amtlichen Jesus-Interpretationen des marxistischen Parteistaates zu bemerken war). Das richtige Urteil eines Biographen ist also eine Kon­frontation seines „Vorurteils” mit den in der Prüfungsarbeit formierten Urteilen. Im Bereich der Hermeneutik kennt also Gadamer keine „voraus­setzungslose wissenschaftliche Arbeit”. Bei ihm bekommt das Vorurteil (im erwähnten Sinne) überwiegend positive Bewertung. b) Die teilweise positive, teilweise negative Rolle der menschlichen Vor­urteile wurde in den USA von G. A. Kelly erklärt.3 Sein Schlüsselbegriff ist die „Prediktion”, die ursprünglich „Wahrsagung”, „Prophezeiung” bedeutet. Als Fachterminus beinhaltet aber bei ihm den Sinn der „Voraus­setzung” und des „Vorurteils”. In seiner persönlichkeitspsychologischen 2 Vgl. Wahrheit und Methode, Tübingen 1972,3. Aufl. 3 Er war Professor der Universität von Ohio. Sein zitiertes Werk: The Psychology of personal Construct, Vols. 1. and 2. New York 1955.

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