Folia Theologica et Canonica 10. 32/24 (2021)

Sacra theologia

DAS JUDENTUM UND DAS VOLK ISRAEL IN DER THEOLOGIE VON YVES CONGAR 23 Euch nur habe ich auserkannt von allen Sippen des Bodens, darum ordne ich euch zu all eure Verfehlungen.4 Seid ihr mir nicht wie die Mohrensöhne, Söhne Israels?! Habe ich nicht Israel aus dem Land Ägypten heraufgeführt und die Philister aus Kaftor und die Aramäer aus Kir.5 Schmidt wiest auf den folgenden spezifischen Aspekt hin: „Gott hat sich Is­rael »auserkannt«“.6 Hinter diesem Wort steckt auch der hebräische Ausdruck für Lieben. Es bedeutet nicht nur, dass die Wahl auf Israel fiel, sondern auch, dass Gott sich Israel herangeholt hat und mit ihm eine besondere Beziehung gestiftet hat. Der andere wichtige Aspekt, den Schmidt betont, ist, dass Israel seine Verfehlungen zugeordnet werden:7 Zwar spricht auch Arnos 1,3-2,3 davon, dass die Völker für ihr geschichtliches Un­recht - nämlich, dass sie in den neuen Ländern in eitler Willkür Böses tun - büßen müssen, aber nur Israel ist von Gott in eine solche Beziehung gesetzt, dass es sich an eben dieser Beziehung und damit an Gott verfehlen kann und dass alle seine Ver­fehlungen eben von ihr aus gerichtet und geahndet werden. Die Erwählung Israels ist also eine theologische Größe, die zwar immer wieder den Lauf der Geschichte stört, in ihn hineinwirkt, aber im eigentlichen Sinne keine geschichtliche Erwählung ist. Und es ist eine Erwählung, die für Israel etwas etab­liert, was für die Völker nicht gilt.8 Mit Martin Buber: „Geschichtlich hat Israel nichts vor den andern voraus, übergeschichtlich hat es vor ihnen diesen Bund, diese Ge­bundenheit voraus, diese unbedingte Verbindlichkeit in allem Tun und Lassen und dieses daraus folgenden: dass alle Verfehlung an der beriet ihm zugeordnet wird.“9 Buber stellt eine Frage, die die personale Beziehung zwischen Gott und seinem Volk sowie den Dialog in seinen Grundlagen verändert. Die uralte jüdische Denkweise, die auf dem Alten Testament und den Traditionen basiert, begleitet das Schicksal Israels. In diesem Fall stellen sich die folgenden Fragen: Warum leidet Israel? Was ist der Grund für das kollektive Leiden? Warum geht eigent­4 Amos 3,2. 5 Amos 9,7. 6 Vgl. Schmidt, A., Die Erwählung des Israels, in http://buber.de/cj/erwaehlung#3 (06.11.2019). 7 Ebd. 8 Ebd. 9 Vgl. Buber, M., Die Erwählung Israels, zit. nach Schmidt, A., Die Erwählung Israels, in http:// buber.de/cj/erwaehlung#3 (06.11.2019).

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