Folia Theologica et Canonica 5. 27/19 (2016)

SACRA THEOLOGIA - Imre Kocsis, Die Gnade Gottes und der Heilige Geist in der Rechtfertigungslehre des Apostels Paulus

DIE GNADE GOTTES UND DER HEILIGE GEIST IN DER RECHTFERTIGUNGSLEHRE. .19 sehen und der Natur der Sünde. Jeremia sagt offen, Ezechiel lässt nur ahnen, dass die Neigung zur Sünde die Natur des Menschen grundsätzlich bestimmt. Die Sünde hat sich so stark in das Wesen des Menschen eingeprägt, dass er ganz allein den Weg des Bösen zu verlassen und ein Leben nach dem Willen Gottes zu führen nicht imstande ist (vgl. Jer 13,23; 17,1.9; Ez 20,30). An diesem unheilvollen Zustand kann nur Gott ändern, der dem Sünder zur Hilfe kommt. Aus barmherziger Liebe verzeiht er ihm und formt seine innere Welt, das heißt sein „Herz“ als Willens- und Entscheidungszentrum um. Im Buch von Jere­mia finden sich mehrere Verheißungen über diese Erneuerung des Herzens (Jer 24,7; 31,33; 32,39). Darunter ist die den neuen Bund verkündende Pro­phetie am berühmtesten, deren Wesen darin besteht: JHWH wird sein Gesetz in die Herzen der Israeliten schreiben (Jer 31,33). In Verbindung mit dieser in­neren Erneuerung wird der Geist Gottes nicht genannt. Umso größerer Akzent liegt aber darauf, dass der Beweggrund der erneuernden Tat von JHWH sein gnädiges Wohlwollen ist (vgl. Jer 24,6-7; 31,2-3; 32.37—41 ). Über die Rolle des Gottesgeistes in der radikalen Umformung des Innern des Menschen schreibt Ezechiel: „Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch. Ich nehme das Herz von Stein aus eurer Brust und gebe euch ein Herz von Fleisch. Ich lege meinen Geist in euch und bewirke, dass ihr meinen Gesetzen folgt und auf meine Gebote achtet und sie erfüllt“ (Ez 36,26-27; vgl. 11,19). Nach dieser Verheißung wird die dem Willen Gottes entsprechende Lebensweise gerade durch den von Gott als Gabe erhaltenen Geist garantiert. Auffallend ist aber, dass Gott im Laufe dieses erneuernden Handels nicht vom Erbarmen und von der Liebe zum erwählten Volk geleitet wird, sondern von der Absicht, seine Heiligkeit öffentlich zu zeigen (vgl. 36,22-23).5 Die bei den Propheten zum Teil selbständigen Gesichtspunkte (die Gnade Gottes; die innere Erneuerung; die Gabe des Geistes) bilden eine schöne Syn­these im 51. Psalm, der nach der fast einstimmiger Meinung der Forscher unter dem Einfluss der Verkündigung des oben genannten Propheten steht.6 Am Anfang des Psalms erfleht der Betende das Erbarmen Gottes, und zwar mit An­wendung aller Ausdrücke, die im alttestamentlichen Wortgebrauch das Wesen der Gnade bezeichnen.7 Er bittet aber nicht nur um Verzeihung der Sünden und um Läuterung. Im Bewusstsein dessen, dass er sich von den Sünden aus eigenen 5 Freilich ist die Heiligkeit nicht unabhängig von der Liebe, da nach Hos 11,8-9 die Heiligkeit („Anderssein“) von JHWH sich gerade in seiner Barmherzigkeit zeigt. 6 Außer den Kommentaren vgl. Bohle, G., Die Frage der Läuterung im Alten Testament, Buda­pest 1998. 257-258. 7 Es handelt sich um folgende drei Ausdrücke: I ) Das Verb ]Jn bezeichnet das wohlwollende, barmherzige und gnädige Verhalten des Vorgesetzten den Untergebenen gegenüber. Von die­sem Verb stammt das Substantiv |n, das in der Septuaginta immer mit wiedergegeben

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