Folia Theologica et Canonica 3. 25/17 (2014)
IUS CANONICUM - Bronislaw W. Zubert, OFM, Unctio infirmorum pro infantibus?
148 BRONISLAW W. ZUBERT, OFM Es ziemt sich darüber hinaus die Tatsache zu betonen, dass die in diesen Kommentaren auffallende sakramentale Trias über Jahrhunderte hinweg die Praxis der Krankensalbung dominiert hat45. Die Krankensalbung wurde im Angesicht des Todes als „Vervollständigung” der Beichte und der Wegzehrung betrachtet. Belastet hat sie die irrtümliche Auffassung der „letzten Ölung”, die durch die liturgisch-pastorale Praxis bestätigt und aufrechterhalten worden ist. Bis auf den heutigen Tag spricht man umgangssprachlich von der „Versorgung mit heiligen Sakramenten”. In diesem Kontext war es offensichtlich, den Anspruch des Vernunftgebrauchs zu erheben und ihn vom Empfänger zu verlangen. Es scheint, dass die Redakteure des Can. 1004 § 1 gleichsam in die doktrínáié Vergangenheit „mental involviert” waren, was sie daran gehindert hat, das ekklesiale Novum im Verständnis dieses Sakramentes zu erblicken46. Darf man heute, wenn man ein Kind nicht wie eine Sache behandeln will, einen solchen Anspruch immer noch erheben? Die Antwort gibt sich von selbst. III. Vorschläge de lege ferenda Die oben durchgeführte kritische Beurteilung der geltenden kanonisch-liturgischen Vorschriften hinsichtlich der Kranken Salbung der Kinder begründet - wie ich meine - den Versuch, einige Lösungen de futuro vorzuschlagen. Ich bin mir dessen bewusst, dass sie eine Infragestellung der petrihzierten, jahrhundertelangen Praxis der Kirche sind, aber sie werden es erlauben, den aktuellen Sinn dieses Sakramentes tiefer zu begreifen und die Prinzipien von dessen Spendung den Erwartungen der Seelsorger und Laien, und zwar vor allem derer, deren Kind in Lebensgefahr geraten wurde, anzupassen. 1. Man sollte zunächst einmal die eigenständige Bedeutung der Krankensalbung47 sehen, was mit der Notwendigkeit einhergeht, auf die häufig praktizierte sakramentale Trias zu verzichten. Sie kommt zwar in der Seelsorge sehr 45 Eine Exemplifizierung einer solchen Spendung der Krankensalbung ist der Text aus dem: Rituale Vratislaviense romano accomnodatum, Vratislaviae 1847: „In quo [i.e. in extremae unc- tionis Sacramento - B. Z.] illud imprimis ex generali Ecclesiae consuetudine observandum est, ut, si tempus et infirmi conditio permitat, ante extremam Unctionem Poenitentiae et Eucharis- tiae Sacramenta infirmis praebeantur” 193. Eine identische Fassung lässt sich in: Rituale roma- num ecclaesiis Poloniae adaptatum, Katoviciis 1927. 169, finden. Beide Texte sind eine genaue Wiederholung der Inhalte aus dem Rituale Romanum des Papstes Paul V. aus dem Jahre 1614. 46 Einigermaßen belegt dies die Redaktion des analysierten Kanons, die in diesem Aspekt keine bedeutenden Kontroversen unter den Autoren erregt hat - s. Zubert, B. W., Sakrament na- maszczenia chorych (Das Sakrament der Kranksalbung), 199-200. 47 Vgl. Testa, B., Sakramenty (Anm. 14) 279-280; vgl. Bartoszek, A., Sakrament namaszczenia chorych a dzieci, 176-178.