Folia Theologica et Canonica 3. 25/17 (2014)
IUS CANONICUM - Bronislaw W. Zubert, OFM, Unctio infirmorum pro infantibus?
146 BRONISLAW W. ZUBERT, OFM cam”, der beweist, dass die Befürworter dieser Meinung keine Gründe auffinden konnten, die dem Wesen des Sakramentes entspringen und die Absage für dessen Spendung an Kinder absichem würden34. Eine tiefgründigere Analyse des Subjekts bietet F. M. Capello. Er behauptet zwar lakonisch: „(...) infantes sint huius sacramenti omnino incapaces”, aber er gibt relativ breit angelegte Begründung dieser Norm an35. Nach seiner Auffassung entspringt diese Begründung dem Wesen des Sakramentes - gemäß der Lehre des Tridentinums ist dieses Sakrament eine Vervollständigung der Sühne (consummatio poeniten- tiae). Die Weigerung, es zu spenden, begründet darüber hinaus das Ziel dieses Sakramentes: es soll eine Stärkung in Traurigkeit und in Versuchungen sein, denen die sich in Lebensgefahr befindende Person ausgesetzt sein kann. Der Autor beruft sich auch auf die Worte des hl. Jakobus, auf die ständige Kirchenpraxis sowie auf die allgemein bekannte Meinung der Theologen und Kanonisiert36. Von den letzteren führt er etwa den Doctor Angelicus, den hl. Bellarmin, Suarez, den hl. Bonaventura und den hl. Albertus Magnus an. Nach der Auffassung des hl. Thomas von Aquin darf dieses Sakrament nicht an Personen gespendet werden, auf die die Form des Sakramentes keine Anwendung findet, also auch nicht auf die Kinder, weil sie weder per visum, noch per auditum gesündigt haben37. Mit einer für ihn typischen Forschungsform überlegt der Autor in scholastischer Art die Argumente pro und contra. Für die Spendung des Sakramentes spricht das Faktum, dass Kindern sehr häufig die gleichen Krankheiten zuteil werden, wie Erwachsenen (im Sinne der Todesgefahr), daher eodem morbo debet adhiberi idem remedium. Gegen die Spendung spricht aber die Tatsache, dass Kinderkrankheiten vornehmlich ihre Ursachen nicht in Werksünden haben. Die Spendung der Krankensalbung wird nicht deswegen vollzogen, damit reliquiae originális peccati getilgt werden, wenn sie nicht in Werksünden gegründet sind (quodammodo confortatae). Wenn diese also nicht von Kindern begangen werden, dann darf dieses Sakrament an Kinder nicht gespendet werden38. 34 Interessante Aussagen zu diesem Thema führt Bartoszek, A., Sakrament namaszczenia cho- rych a dzieci, 171. Eine besondere Aufmerksamkeit erregt die von ihm zitierte Aussage des hl. Caesarius von Arles (f524). Dieser warnt die Mütter, die anstatt um eine Krankensalbung für ihre Kinder zu bitten, in magischen Praktiken nach der Heilung suchen (Ebda.). Dieses Problem scheint auch heutzutage an seiner Aktualität nichts eingebüßt zu haben. Die heutige Zunahme an solchen Einstellungen kann - im Falle der Weigerung, die Krankensalbung an Kinder zu spenden - die Eltern dazu bewegen, ihre Zuflucht in magischen Praktiken zu suchen. 35 Capello, F. M., Tractatus canonico-moralis de sacramentis, III: De extrema iniettane, Taurini- Romae 1942. 152-154. 36 Ebda., 152-153. 37 S. Th., Suppl, q. 32 art. 4; vgl. Capello, F. M., Institutiones (Anm. 33) 152. 38 S. Th., Suppl, q. 32 art. 4, ad 1 et 2.