Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)

SACRA THEOLOGIA - Attila Puskás, Traditionsauslegung am Konzil von Trient

TRADITIONSAUSLEGUNG AM KONZIL VON TRIENT 81 benssatzes, was er „Werkgerechtigkeit“ nannte. Im Gegensatz dazu beschrieb er die Natur des Ereignisses der Rechtfertigung mit dem dreifachen Leitspruch - sola gratia, sola fides, solus Christus. Im Mittelpunkt der großen Themen lutherscher Theologie steht das Ereignis der Rechtfertigung. Der gefallene und in die Gefangenschaft der Sünde geratene Mensch wird (theologische Anthro­pologie), angeregt vom Heiligen Geist, die göttliche Vergebung der Erlösung Christi und das Evangelium (Theologie des göttlichen Wortes) mit der Ver­heißung ewigen Lebens mit Reue und Glauben aufnehmend vor Gott gerecht­fertigt (Gnadenlehre). Sein rechtfertigender Glaube wird von sakramentalen Symbolen genährt und angeregt (Sakramentenlehre), um die Früchte der Wohltaten in seinem persönlichen Leben hervorzubringen (Ethik). Das Gebiet des Rechtfertigungsereignisses ist die Kirche, wo das Evangelium der Recht­fertigung rein verkündet und die Sakramente richtig gespendet werden (Ekkle­siologie, Sakramentenlehre), die Gemeinschaft der Gläubigen und gerechtfer­tigten Menschen sich erbaut (congregano fidelium). Nun hat das Tridentinum von diesen großen Themen lutherscher Theologie die Erbsünde, die Rechtfertigung und die Frage der Sakramente thematisiert und in dieser zeitlichen und logischen Folge ausführlich erörtert. Die darauffol­genden Konzilsdekrete über Purgatorium und Ablässe reimen sich inhaltlich auch mit dem Fragenkomplex der Interpretation der Rechtfertigung, bzw. im Zusammenhang damit mit dem Sakrament der Buße zusammen. Das Konzil bestimmte einerseits die Grundbegriffe Sünde, Freiheit, Konkupiszenz, Recht­fertigung, Glaube, Wort, Sakramente und gute Werke, andererseits ihren Zu­sammenhang anders als Luther und stellte sie in eine andere Perspektive als die Reformation. Das Tridentinum verabschiedete weder ein Dekret über die Kir­che, noch über die päpstliche Gewalt, obwohl es Luther als vorzügliche Ziel­scheibe diente und ursprünglich auf dem Themenplan mehrerer Konzilsväter gelistet stand. Das Konzil beschäftigte sich nur bruchstückhaft und mit bes­timmten Fragen der Kirchenlehre, so z.B. in den Dekreten über das Sakrament der Weihe, die Verehrung der Heiligen, die Spendung der Sakramente und in den Texten über die Genehmigung der Ablässe, welche die Theologie des Priestertums und der päpstlichen Gewalt implizieren. Zugleich ist in allen Konzilsdokumenten eine unentwickelte ekklesiologische Sichtweise präsent. Das Tridentinum suchte eine katholische Interpretation der großen dogma­tischen Themen, welche die Reformation kritisch diskutierte. Bevor es aber die katholische Lehre inhaltlich in den einzelnen theologischen Fragen zu bestim­men anfing, hatte es für nötig gehalten, seine eigene erkenntnistheoretische Grundhaltung zu bestimmen. Der antiken Konzilsordnung folgend gaben die Väter in der dritten Sitzung die Annahme des katholischen Glaubensbekennt­nisses, des Nicäno-Konstantinopolitanum kund und lasen dessen Text auf dem Konzil festlich vor. Danach beschloss das Konzil in der vierten Sitzung über die Annahme der Bücher der Heiligen Schrift und der apostolischen Tradition

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