Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)

SACRA THEOLOGIA - Géza Kuminetz, Erwägungen über die Strafe, mit besonderer Hinsicht auf die Todesstrafe - katholisch Betrachtet

62 GÉZA KUMINETZ Strafart eine universelle Erfahrung der Menschheit,75 wobei sich die Frage erhebt, ob sich der gesunde Menschenverstand in einer so wichtigen Sache irren kann. Es gab Todesstrafe auch bei den Völkern des Ostens des Altertums, so zum Beispiel schon bei Hammurabi, der auch einige der kleineren Verbrechen mit Tode bestrafte, zum Beispiel wenn jemand einen anderen des Begehens eines Verbrechens verleumdend beschuldigte, ohne dafür Beweise geliefert zu ha­ben. Bei den Indern straft das Gesetzbuch des Manu den Frauenraub, Ehe­bruch, Betrug und Mord mit Tode. Die Todesstrafe war in den antiken Ägyp­ten, China, Griechenland und Rom ebenfalls vorhanden, und sie wurde auf ein breites Spektrum der Verbrechen ausgedehnt. Auch im Alten Testament sind reichliche Beispiele für die Anwendung der Todesstrafe zu finden. Hier war eines der Ziele dieser Strafe die Erziehung, dass sie nämlich „das Böse aus dem Volk ausrottet und sein Herz mit heiliger Angst für Gottes Gerechtigkeit erfüllt”.76 Im Neuen Testament gibt es nirgendwo eine Stelle, welche die Auferlegung der Todesstrafe ausdrücklich und eindeutig verboten würde.77 Aber es gibt auch keine Bibelstelle, die einen darauf ausgesprochen bevollmächtigt würde.78 Selbst Christus hat keinen positiven und nachdrücklichen Befehl verfasst, der die Todesstrafe verböte. Und wenn er sagt: „Du sollst nicht töten, wer aber jemand tötet, soll dem Gericht verfallen sein”, damit verbietet er im allge­meinen die Tötung, aber daraus folgt nicht, dass die Staatsmacht keine Todes­strafe anwenden darf. Wenn Jesus nämlich sagt: „wer jemand tötet, soll dem Gericht verfallen sein”, weist er auf das Recht der Staatsmacht hin, nach dem sie den Mörder mit Tode bestrafen kann (...) „Wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin. Und wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel.” Dementsprechend müssen wir der Kränkung nicht widerstehen, wir müssen sogar mehr tun und dulden, als man uns tut oder von uns ungerecht ver­langt. Das unbedingt klingende Verbot des Widerstandes dient jedoch nur zur kraftvollen Charakterisierung der opferwilligen Sanftmut und ist mit einer be­stimmten Auxesis (Übertreibung) ausgesprochen, es muss jedoch nicht unbe­dingt wortwörtlich verstanden oder eingehalten werden. Der ausgedrückte Ge­danke ist es, dass man mehr dulden und von unseren Rechten nachgeben als streiten oder kämpfen und die Ungerechtigkeit eher erleiden als tun soll. Im 75 Nach A. Kaufmann bemerkt auch H. Weber, dass das eine uralte Institution ist. Vgl. Weber, H., Speciális erkölcsteológia (Szent István Kézikönyvek 4) [Spezielle Moraltheologie (Handbücher des Verlags Szent István Nr. 4)], Budapest 2001. 187. 76 Vgl. Eder, L., A halálbüntetés története és ethikai bírálata, 65. 77 Vgl. Häring, B., Das Gesetz Christi, III. München und Freiburg 1966. 149. 78 Vgl. Goffi, T. - Piana, G. (a cura di), Corso di morale 4. Koinonia. Etica della vita sociale, 293.

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