Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)

IUS CANONICUM - Elmar Güthoff, Der vordem Staat erklärte Austritt aus der Kirche in Deuschland angesichts von Entscheidungen und Verlautbarungen aus dem Jahr 2012

240 ELMAR GÜTHOFF „Kirchensteuer“)2- Erklärt nun ein Kirchenglied gegenüber dem Staat seinen Austritt aus der Kirche, entfällt dessen Verpflichtung zur Zahlung der Kir­chensteuer ersatzlos. II. Die jüngste Rechtsprechung der staatlichen Gerichte 1. Der modifizierende Kirchenaustritt auf dem Hintergrund eines brisanten Falles Der Austritt aus der Kirche darf vor dem Staat nur aus Glaubens- und Gewis­sensgründen erklärt werden und nicht, um z. B. keine Kirchensteuer mehr zahlen zu müssen. Die staatlichen Stellen dürfen keine relativierenden und modifizierenden Zusätze zur Kirchenaustrittserklärung entgegennehmen. Kir­chenaustrittserklärungen. die Zusätze enthalten, dass der Betreffende nur aus der Körperschaft des öffentlichen Rechts austreten, aber in der Glaubens- und Heilsgemeinschaft der Kirche verbleiben will, sind nicht zulässig. Die staatlichen Gerichte der Bundesrepublik Deutschland haben sich vor allem in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit der Frage der Un­zulässigkeit modifizierender Zusätze zur Kirchenaustrittserklärung befasst3. Aus Gründen der Rechtssicherheit haben nahezu alle Bundesländer nachfol­gend ihre Kirchensteuer- oder Kirchenaustrittsgesetze geändert und die Entge­gennahme modifizierender Zusatzerklärungen zur Kirchenaustrittserklärung ausdrücklich untersagt4. Von besonderer Brisanz ist die Kirchenaustrittserklärung eines pensionier­ten deutschen Kirchenrechtsprofessors. Er erklärte am 05. 07. 2007 vor dem Standesamt seines Wohnsitzes den Austritt aus der Kirche; seiner Austrittser­klärung fügte er die Worte „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ bei. Unab­hängig davon erklärte er, sein vermeintlicher Kirchenaustritt beziehe sich nur auf die Körperschaft des öffentlichen Rechts, nicht aber auf die Glaubensge­2 S. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 6 WRV. Die einzelnen Länder haben Normen über die Erklärung zum Austritt aus der Kirche erlassen. 3 Zahlreiche Oberlandesgerichte im Geltungsbereich des ehemaligen Preußischen Vermögens­verwaltungsgesetzes gingen von der Wirksamkeit von Kirchenaustritten mit modifizierenden Zusätzen aus; im Unterschied dazu sprach sich vor allem der Bayerische Verwaltungsgerichts­hof gegen die Wirksamkeit von Kirchenaustritten mit modifizierenden Zusätzen aus. Vgl. hier­zu den nicht repräsentativen Überblick im Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Würt- temberg vom 04. 05. 2010, 1 S 1953/09, Nr. 31, in Archiv für katolisches Kirchenrecht 179 (2010)219-227. 4 Vgl. den Überblick bei Kapfelsperger, Toni, Der Austritt aus der Katholischen Kirche in Deutschland - Staats- und Kirchenrechtliche Konsequenzen, Wissenschaftliche Arbeit zur Er­langung des Grades eines Lizentiaten des kanonischen Rechts, München 2012 (Maschinen­schrift), S. 10 mit Anm. 44.

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