Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)

SACRA THEOLOGIA - Zoltán Rokay, Die „Religionsphilosophie” Johann-Gottlieb Fichtes. Ihre Hintergründe und ihre Aktualität

DIE „RELIGIONSPHILOSOPHIE” JOHANN-GOTTLIEB FICHTES 129 Verehrer stehen wir hierbei stille. Es ist der Schöpfer aller Dinge, es ist der Erhalter und Regieren der Welt, es ist Gott, zu dem wir uns hinaufschwingen, der Weise, der Allmächtige, der ewig Heilige und Gütige. Ohne seine Leitung geschieht nichts, und unter ihr ist, was geschieht, Mittel zum Zweck, Weg zum Ziel. Er hat gewaltet im Leben des Helden, dessen Siegesfest wir feiern. Und ihm, ihm dem Unendlichen, der aus den Stürmen die Stille und aus dem wildesten Aufruhr der Elemente neues Leben hervorzurufen weiß, ihm bringen wir heute um so williger und fröhlicher unsern Dank dar, je gläubiger wir an dieses Ereignis eine große schöne, himmlische Hoffnung knüpfen, die Hoffnung einer Zukunft, die die Erde segnen wird mit dem köstlichsten aller Segen, mit dem Segen des Friedens (...) Große und heilsame Veränderungen, wichtige Verbesserungen, neue Ordnungen der Dinge, die beginnen sollen, waren immer die Früchte großer Anstrengungen und oft schwerster Erschütterungen. Wenn sie aber erst da waren, freute sich alles Uber den Besitz und Genuss des Guten, das entstand und aufblühte und segnend sich befestigte. Sie kommt, sie kommt, die schöne, herrliche, selige Zeit, wo die neue Ordnung der Dinge beginnt, die Ordnung, die auch durch diesen Sieg wird gefördert werden, die die Kinder der Erde sehen und durch die sie sich beglücken. Diese Hoffnung ergreife, wer hier ist. Von ihr durchdrungen, begeistert und beseelt, erhebe der Jüngling und der Mann und der Greis seine Stimme, unser Tempel widerhalle und alles rufe aus: Herr Gott, dich loben wir.”123 Wenn man sich die Frage stellt, wie es zu so etwas oder ähnlichem kommen kann, so scheint es mir, wir sind nicht allzu weit von der Wahrheit, wenn wir meinen, beide, Fichte und Biederstedt stammen aus einer Mitte, wo man aus den Priestern Prediger, aus den Predigern Volkslehrer gemacht hat.124 Fichte wollte ursprünglich durch seine erbaulichen Reden die Menschheit ver­bessern.125 Was den Glauben Fichtes betrifft, so lassen sich aus seinem Werk Aussagen wie: „Wer zu arbeiten hat, soll nicht beten: das erste ist eher als das letztere”,126 „Kant sagt, wir machen uns Gott; ganz richtig, aber genauso machen wir uns auch die Welt”,127 u. ähnliche weder weglassen, noch weginterpretieren. Dies soll man wissen, wenn die Rede von der Philosophie und vom Glauben von Fichte ist. 123 Zitiert nach: Heyden, H., Die Kirchen Greifswalds und ihre Geschichte, Berlin 1965. 181-182. 124 Vgl. dazu: Ratzinger, J., Wie wird die Kirche im Jahre 2000 aussehen?, in Glaube und Zukunft, Kösel 1970. 116f. 125 GA II, 1. 286. - Fichte war der Meinung, wie er das an seine Frau schrieb, dass er mit Hilfe der pädagogischen Grundsätzen von Pestalozzi, seine Wissenschaftslehre zur Erziehung der Menschheit nützlich machen kann. Vgl. Schulz, H. (Hrsg.), Johann Gottlieb Fichtes Brief­wechsel, II. Leipzig, 1925. Nr. 550: 453f. Auch Pestalozzi hat sich anerkennend über Fichtes Reden an die Deutsche Nation geäußert, ebd. Nr. 599: 528f. 126 GA II, 4. 305. 127 Ebd. IV, 2. 96f.

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