Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)

SACRA THEOLOGIA - Zoltán Rokay, Die „Religionsphilosophie” Johann-Gottlieb Fichtes. Ihre Hintergründe und ihre Aktualität

DIE „RELIGIONSPHILOSOPHIE" JOHANN-GOTTLIEB FICHTES 125 keine Substanz, nichts bleibendes zugibt. Der nächste Schritt wäre das Nichts von Hegel, oder die Mythologie und Pseudoemanationslehre von Schelling. Mit der Wende zu Kant verließ Fichte die traditionelle Formen der evange­lischen Theologie. Er eignete sich den Kritizismus und Moralphilosophie von Kant an, behielt aber die Motive des Rationalismus und der Aufklärung. Aus diesen Bausteinen und ihrer Kritik versuchte er seine Wissenschaftslehre aufzubauen. Die Schriften um den Atheismusstreit bieten eigentlich nichts wesentlich neues. Ihre Motive und ihr Stoff ist eigentlich schon in der Offen­barungsschrift enthalten, und stellen ihre notwendige Konsequenz dar. VIII. Die Aktualität der Äuberungen Fichtes über Gott, Religion und Kirche Der Vorwurf des Atheismus hat nicht ganz ungerechterweise die Schrift Fichtes „Über den Grund unseres Glauben an eine göttliche Weltregierung” getroffen, und der Standpunkt Fichtes ist auch nicht ganz überraschend gewe­sen (das zu demonstrieren war die Aufgabe von I.). Was darauf folgte, weckte schon bei den Zeitgenossen eher Erbarmen als Interesse.109 Robert Stadler ver­sucht in seinem Aufsatz: „Der neue Gottesgedanke Fichtes. Eine Studie zum Atheismusstreit” (Theologie und Philosophie 31.4/1979. 481-541), die Aktua­lität der Position Fichtes in 3 Merkmalen zusammenzufassen: 1. Verschmelzung von Religion und menschlichem Tun (Weltverbesserung, etwa im Sinne von Ernst Bloch).110 2. Auflösung der Offenbarung in das Selbstverständnis des Menschen. (Die Einebnung in Moral hat die Reduktion der Offenbarung zum Existenzver­ständnis zur Kehrseite. - Hier führt Stadler keine „zeitgenössische” Pa­rallele auf, aber spielt an Helmut Gollwitzer und Rudolf Bultmann an).111 109 Reinhold fand in der Anweisung zum seligen Leben (1806) „ein eckelhaftes Gemisch von Sinn und Unsinn, von hochmüthiger Demuth und demüthigen (sic!) Hochmuth” (s. FG = Fichte im Gespräch, IV. 25.); - Friedrich Schlegel urteilte über „Grundzüge des gegenwärtigen Zeit­alters”, das eine ihrer Bücher sei die „Theorie des Preussenthums”, die „absurd u. lächerlich sei. - Ein anderes bestehe aus Fichtes eigner Art von Christenthum - zusammengebraut aus der göttlichen Idee und Klarheit (denn so nenne ich jetzt das alte wohlbekannte Ich) aus dem Evan­gelium Johannis, Essenern, geheimen Traditionen vom Urvolk, - nicht ohne Beziehung wie es mir scheint auf Freimaurerei. Sinnreich, originell, tief, aber doch auch Preussisch.” (ebd. III. 419). 110 Vgl. Stadler, Ch., Der neue Gottesgedanke Fichtes, 529. 111 Ebd. 538. Anm. 217.

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