Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)

SACRA THEOLOGIA - Zoltán Rokay, Die „Religionsphilosophie” Johann-Gottlieb Fichtes. Ihre Hintergründe und ihre Aktualität

DIE „RELIGIONSPHILOSOPHIE” JOHANN-GOTTLIEB FICHTES 107 zur Kenntnis genommen hat, zeigen seine Diskussionen mit seinem künftigen Schwiegervater über Freiheit und Notwendigkeit, welche sich ganz im Sinne von Leibniz (Platner) abgespielt haben, und darin gerade die Beschäftigung mit Kant eine Wende gebracht hat.37 Platner hat zur deutschen Übersetzung über Humes Dialog über die natürli­che Religion (1781) ein Gespräch über den Atheismus beigetragen, welches von dem Rezensenten als ein kräftiges Gegengift gegen den Atheismus geprie­sen wird.38 Angesichts der Tatsache, dass Fichte in Jena wegen Atheismus an­geklagt wurde, und dass einige den „Atheismusstreit” als das bestimmende Er- reignis seines Lebens betrachten und meinen, der sei schon dem „Versuch einer Kritik aller Offenbarung” in den Keimen anwesend bei Fichte, ist es nicht über­flüssig näher anzuschauen was man unter „Atheismus” verstanden hat, zumal eben Hume derjenige gewesen ist, der Kant „aus dem dogmatischen Schlum­mer geweckt hat.” II. Das „Kant-erlebnis” (1790) und um ihm herum Fichte war zweimal Hauslehrer in Leipzig: zuerst während seines Studiums, 1784-1788 (?) und zum zweiten mal, nach seiner Rückkehr aus Zürich, 1790. Inzwischen hat er bei Gelegenheit auch gepredigt (nachweislich am 25. III. 1791 in Dubrauke).39 Bei seinem zweiten Aufenthalt in Leipzig hat Fichte auf Ansuchen eines Studenten, Unterweisungen über die Kantische Philosophie gegeben. Damals sind schon alle drei Kritiken erschienen (die der Reinen Ver­nunft in beiden Ausgaben). Was die Entdeckung der Kantischen Philosophie in ihm hervorgerufen hat, erzählt Fichte in einem Brief an Johanna Rahn40 in welchem er auch auf seine Gespräche mit seinem künftiges Schwiegervater Bezug nimmt, welche bis dahin im Punkt der Frage der Freiheit und Notwen­digkeit sich offensichtlich im Stile von Leibniz/Platner abgespielt haben, wie schon oben erwähnt.41 Angeblich hat Fichte dank dem Einfluss Kants, auch seine Lebensweise geändert.42 Man muss wissen, dass sich Fichte leicht begeis­terte, und dann wieder genauso leicht sich enttäuschte oder kritisch geworden ist, auf eine grobe weise. Dass er aber bis 1791 keine nachweisliche Kenntnis über die Philosophie Kants genommen hat, lässt sich nur durch seine Arroganz und Indolenz erklären. 37 GA ni, 1. 171. 38 Vgl. Kühn, M., Johann Gottlieb Fichte, 77. 39 GAII, 1.49-66. 40 S. Anm. 37. 41 Ebd. 42 GA III, 1. 166.

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