Folia Theologica et Canonica 1. 23/15 (2012)

SACRA THEOLOGIA - Géza Kuminetz, Die Tugend des Gehorsams als Grundlage des klerischen das Heißt des kanonischen Gehorsams

DIE TUGEND DES GEHORSAMS ALS GRUNDLAGE DES KLERISCHEN... 51 langt die Kirche in diesen Fällen nicht den rechtswidrigen Befehl einzuhalten, sondern sie bietet dem Untergebenen zu einem gesetzlichen Rechtsmittel Gele­genheit. Ein solches Rechtsmittel ist in erster Linie der Einspruch, die Reklama­tion (reclamatio iuridicaf, das heißt ein jeder hat das Recht, sich an das einen rechtswidrigen Befehl erteilten Organ selbst zu wenden und mit höchstem Res­pekt zu verlangen, die Anordnung zu ändern. Selbst der römische Papst erlaubt, dass, falls er sich eindeutig geirrt hat, die Bischöfe ihren Gehorsam für eine bestimmte Zeit aufschieben dürfen und ihn bitten können, seine Anordnung zu verändern. So äußerte Papst Alexander III. in seinem Brief zum Erzbischof von Ravenna. Wenn der Papst selbst zugibt, dass er sich bei seinen Anordnungen ir­ren kann, kann der Bischof wohl auch sachlich falsche, rechtswidrige oder schädliche Anordnungen oder Befehle erteilen. In solchen Fällen beugt sich zwar der gewissenhafte Priester inforo externo vor dem Willen seines Oberhir­ten, um den Skandal zu vermeiden, er hat jedoch das Recht, seine Beschwerde vor allem bei ihm einzulegen, den Bischof auf sein Irrtum aufmerksam zu ma­chen und ihn zu bitten, seine Anordnung zu verändern. Falls er seinen Zweck auf solche Weise nicht erreichen kann oder aus einem triftigem Grund den Bi­schof um kein Rechtsmittel bitten will, kann er die gesetzlichen Oberen des Bischofs um Rekurs (recursus) bitten“.96 Ein weiterer Gesichtspunkt ist es, dass es bestimmte schwerliegende Ent­scheidungen gibt, die der Bischof nicht in einer Person treffen kann, sondern entweder muss er bestimmte Personen hören oder er braucht die vorherige Ein­willigung eines speziellen Rates, um eine Entscheidung rechtlich gesetzmäßig und erlaubt treffen zu können. In diesem rat gebenden Aufgabenkreis können manchmal auch die Laien Christgläubigen als Experten Anteil nehmen.97 In bestimmten Fällen wendet sich die seelsorgliche Weisheit an würdige und be­ruflich entsprechend ausgebildete Menschen auch dann um Rat, wenn der Vor­gesetzte dazu durch das Recht nicht verpflichtet ist. Es kann sich auch die Frage erheben, wie der Kleriker Gehorsam leisten soll, wenn er zur gleichen Zeit sogar mehreren Oberen untergeben ist, und sie in der­selben Frage entgegengesetzt verordnet haben. In diesem Falle müssen wir zwischen zwei Fällen Unterschied machen: ob es sich um gleichrangige oder einander hierarchisch unter- und übergeordnete Vorgesetzte handelt. Falls bei­de Befehle „von Vorgesetzten unterschiedlichen Ranges stammen, muss der Befehl des Oberen von höherem Range erfüllt werden, denn dieser hat auch die Macht, den Befehl des Vorgesetzten von niedrigerem Range aufheben. Der Be­fehl des Bischofs ist also für wichtiger zu halten als den ihm entgegengesetzten Befehl des Bischofsvikar. Der Befehl des Erzbischofs steht jedoch im allgemei­96 Vgl. Scheffler, 1, A világi papok kánoni engedelmessége, 24-25. 97 Vgl. Ghirlanda, G., De obligationibus et iuribus christifidelium in communione ecclesiali de­que eorum adimpletione et exercitio, in Periodica 73 (1984) 370-371.

Next

/
Oldalképek
Tartalom