Folia Theologica et Canonica 1. 23/15 (2012)

SACRA THEOLOGIA - Géza Kuminetz, Die Tugend des Gehorsams als Grundlage des klerischen das Heißt des kanonischen Gehorsams

DIE TUGEND DES GEHORSAMS ALS GRUNDLAGE DES KLERISCHEN... 33 Daraus ergibt sich, dass die Grundauffassung der katholischen Kirche über die Freiheit anders ist, als die oben erwähnten Geistesströmungen.42 Infolgedes­sen denkt sie auch über den Gehorsam anders. Selbst der Lernprozess kann so aufgefasst werden, dass man der Disziplin gehorcht, in doppeltem Sinne des Wortes, das heißt nicht nur den Fachkenntnissen sondern auch deren Aneig­nungsmethode; oder mit anderen Worten: man muss auch die zum Ziel führen­den Mittel verwenden. Falls es zu gehorchen verboten ist, hat auch der Unter­richt und die Schule keinen Sinn. Die erste Bemerkung bezüglich der Freiheit und des Gehorsams: man kommt weder frei noch gehorsam zur Welt, aber in günstigem Falle wird von freien und gehorsamen Menschen umgeben, die ihm beibringen, wie die Freiheit durch den Gehorsam erkämpft werden kann. Die zweite Bemerkung lautet so: die Freiheit ist nicht identisch mit Willkür, sie bedeutet nicht, dass man alles tun oder zu allem werden kann und darf. Die Freiheit besteht eben darin, dass man die Werte, Normen, Ideale und die Wahrheit kennt und sie auch verwirk­lichen will. Die dritte Bemerkung im Zusammenhang mit der Freiheit ist es, dass die menschliche Natur, was ihr Wesen betrifft, gegeben und bestimmt ist (obwohl sie sich in der Zeit in einer eigenartigen Reihenfolge entfaltet), wir können also die Grenzen unserer Natur ohne Sünde und Strafe nicht überschreiten. Die Frei­heit zerstört unsere Natur nicht, sondern sie macht sie wertvoll, weil sie das Ideal in die Persönlichkeit integriert, das wir in einem bestimmten Sinne von außen zur Hilfe bekommen, um es auch im Grunde unseres Herzens auffinden zu können. Die vierte Bemerkung bezüglich der Freiheit ist es, dass die Frei­heit Gesetze bildet. Sie macht die Regeln des menschlichen Lebens nicht nur auf findig, sondern sie will sie auch bewusst befolgen, denn sonst entfaltet sich das menschliche Wesen nicht, sondern es zehrt sich aus und wird verdorben sein. Und das setzt den Akt des Gehorsams notwendigerweise voraus. Die erste Begegnung mit den Gesetzen ist notwendigerweise heteronom, aber sie sind für uns gegeben, sie müssen also autonom werden, das heißt wir müssen ihren, das menschliche Leben entfaltenden und ihm dienenden Charakter auf solche Weise kennen, dass er, wenn wir groß werden, unser Bewusstsein richtig be­stimmen kann. Im Gesetz ist die Vernünftigkeit zu erkennen, weil er eine Frucht der vernünftigen Überlegung ist, und so wird die Grundlage des Gehorsams von einer Art Einsicht gebildet. Diese Einsicht kann sowohl allgemein als auch konkret sein, z. B.: Im allgemeinen weiß ich. dass die Gesetze für mich ge­geben sind, nur jetzt kann ich die Vernünftigkeit eines konkreten Befehls nicht 42 Davon ausführlicher siehe: Kuminetz, G., A szabad akarat a tomista bölcselet és a kánonjog tükrében [Der freie Wille im Spiegel der thomistischen Philosophie und des kanonischen Rech­tes], in Iustum Aequum Salutare 4 (2008) 23-56.

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