Folia Theologica et Canonica 1. 23/15 (2012)

SACRA THEOLOGIA - Géza Kuminetz, Die Tugend des Gehorsams als Grundlage des klerischen das Heißt des kanonischen Gehorsams

30 GÉZA KUMINETZ in allen verbotenen Angelegenheiten gehorsam ist. Dabei spielt die Angst eine große Rolle (vgl. timor simpliciter servilis, et serviliter servilis). Die Tugend des Gehorsams ist also zur gleichen Zeit Prinzip, Fähigkeit und Tätigkeit.29 Als Prinzip bezeichnet sie eine Art Mentalität, Gesinnung, die bereit ist, die Vorschrift oder die Bitte durchzuführen. Als Fähigkeit bedeutet diese in engem Sinne genommene Tugend die Fähigkeit der prinzipiell ausgedrückten Mentalität, und letzten Endes als Tätigkeit bedeutet der Gehorsam die durch die Klugheit geleitete entsprechende und heldenhafte Ausübung dieser Fähig­keit. Der Gehorsam ist also die Schule der persönlichen Reife und Vervollkomm­nung, das heißt die der Lebensheiligkeit.30 Er ist sogar „ein ausgezeichnetes Mittel der Willensabhärtung und der Entwicklung des Charakters, außerdem eine Schule von vielen anderen Tugenden, vor allem der Demut und der Dienst­bereitschaft“.31 32 Der wesentliche Grund für den Gehorsam ist die Regierungsmacht (potestas regendi),21 die drei Wurzeln hat: 1. Gott und die Eltern, 2. Familienoberhaupt und die Leiter der menschlichen Gemeinschaften und 3. das freiwillige Unter­werfen der Macht von einem anderen (Verhältnis zwischen dem Diener und dem Flerm, Mönchtum).33 Der Umfang des Gehorsams ist so breit, wie groß die Macht oder die Zuständigkeit des Gebieters ist.34 Wir müssen es gleich bemer­ken, dass nicht einmal Gott etwas befehlen kann, was unmöglich ist, das heißt er keinen Befehl erteilen kann, der Widerspruch enthält. Ferner wenn Gottes Natur die Liebe ist, befiehlt er ausschließlich das, was seiner Liebe nicht ent­gegengesetzt ist und auch nicht sein kann. Zusammenfassend: unter der Tugend des Gehorsams verstehen wir im All­gemeinen die Fähigkeit, mit deren Hilfe eine durch eine andere Tugend ver­langte Tat mit der entsprechenden Absicht durchgeführt werden kann. Durch den Gehorsam erfüllen wir unsere Standespflichten, menschlichen, amtlichen und anderen Pflichten, sowie den Gesetz und Befehl des gesetzlichen Vorge­setzten.35 Nach einer anderen Verteilungsmethode können wir im strengsten Sinne des Wortes nur dann vom Gehorsam sprechen, falls „wir ausdrücklich einem gegebenen Befehl nachgeben; im weiteren Sinne jedoch sprechen wir über den Gehorsam, wenn nicht nur die als Befehl erteilte Anordnung des Vor­29 Vgl. Horváth, A., Eigentumsrecht nach dem hl. Thomas von Aquin, Graz 1929. 33. 30 Vgl. Gatti, G., Ubbidienza, 1184. 31 Vgl. Evetovics, K., Katolikus erkölcstan, IL 76. 32 Die Autorität zeigt sich im Unterricht und in der Regierungsmacht. 33 Vgl. Noldin, H. - Schmitt, A. - Heinzel, G., Summa theologiae moralis, II: De praeceptis, Oeniponte 1955. 246. 34 Vgl. Prümmer, D., Manuale theologiae moralis, II. 456. 35 Vgl. Merkelbach, B.H., Summa theologiae moralis, II. Parisiis 1947. 814.

Next

/
Oldalképek
Tartalom