Folia Theologica et Canonica 1. 23/15 (2012)

IUS CANONICUM - Stephan Haering OSB, Das Verfahren zur Entlassung aus einem Ordensverband

214 STEPHAN HAERING, OSB über die Entlassung entscheidet (cc. 499, 552 § 1 CCEO). Es wird also keine kollegiale Vorgehensweise verlangt, sondern der Obere bleibt gewöhnlich ganz Herr des Verfahrens. Bei der Entlassung eines Mitglieds aus einem rechtlich selbständigen Kloster bedarf die Entscheidung des Oberen der Bestätigung durch den Eparchialbischof oder durch den Patriarchen (c. 499 CCEO). Die rechtlichen Bestimmungen unterstreichen, dass das betroffene Mitglied ge­nügend Gelegenheit zur Rechtfertigung und zur Stellungnahme haben muss; auch auf die Möglichkeit, gegen die Entlassung mit einem Rekurs vorzugehen, wird hingewiesen (c. 552 § 2, 3°, § 3 CCEO). IV. Exkurs: Auferlegte Exklaustration Der CIC und der CCEO kennen das Rechtsinstitut der auferlegten Exklaustra­tion. Sie erfolgt auf Antrag einer ordenseigenen Instanz durch die jeweils zu­ständige hierarchische Autorität. Im lateinischen Bereich wird der Antrag vom obersten Leiter gestellt (c. 686 § 3 CIC). Im orientalischen Bereich ist dafür der Obere des rechtlich selbständigen Klosters oder der Generalobere zuständig (cc. 490, 548 § 1 CCEO). Ein Mitglied, das ohne eigenen Antrag exklaustriert wird, ist zwar nicht aus dem Verband entlassen, aber in einzelnen Fällen - möglicherweise ist es sogar die Mehrzahl der auferlegten Exklaustrationen - kommt die Anwendung dieses Instruments für das betroffene Ordensmitglied einer Entlassung ziemlich nahe. Vielleicht kann man bei der auferlegten Exklaustration den durchaus zuge­spitzten Vergleich anstellen mit jener nach deutschem staatlichem Recht mög­lichen, von einem Richter angeordneten „Sicherungsverwahrung“ für Straftäter, die ihre Haftstrafe bereits verbüßt haben. Bei der Anwendung der auferlegten Exklaustration steht auch die „Sicherheit“ der Gemeinschaft im Blick, die „Si­cherungsverwahrung“ des ungewollt Exklaustrierten erfolgt aber im Unter­schied zum weltlichen Straftäter nicht intra, sondern extra muros. Das von der auferlegten Exklaustration betroffene Mitglied muss keiner schwerwiegenden Verfehlung schuldig geworden sein und sich auch sonst nichts zuschulden ha­ben kommen lassen, es erscheint aber - wem und aus welchen Gründen auch immer - für das Leben in der Gemeinschaft nicht (mehr) geeignet. Das Recht verlangt für die auferlegte Exklaustration ein nur sehr einfaches Verfahren: Der oberste Leiter (Generalobere) oder gemäß orientalischem Recht auch der Obere eines rechtlich selbständigen Klosters stellt mit Zustimmung seines Rates bei der hierarchischen Autorität den Antrag, dem betreffenden Mitglied die Exklaustration aufzuerlegen; die hierarchische Autorität entschei­det über die Gewähmng. Eine Beteiligung des betroffenen Mitglieds an diesem Verfahren ist nicht ausdrücklich vorgesehen, und tatsächlich kann es, wie dem Berichterstatter aus persönlicher Kenntnis bewusst ist, Vorkommen, dass ein

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